Theresa May und der Brexit: Zielstrebig und kontrolliert

Ausweichend diplomatische Antworten im Parlament: Die neue britische Regierungschefin gewährt kaum Einblick in ihre EU-Politik.

Theresa May spricht im Unterhaus

May zeigt sich verschlossen und diplomatisch Foto: reuters

BERLIN taz | Theresa Mays erste Auslandsreise als britische Premierministerin führt sie am Mittwoch nach Berlin. „Offene“ Gespräche mit ihrer Amtskollegin Angela Merkel kündigte sie im Vorfeld an. Alles, was britische Politiker derzeit tun, wird im Lichte des Brexit gewertet.

Etwas mehr Klarheit als bei Mays Amtsantritt vor einer Woche gibt es dabei schon. Großbritanniens Austritt aus der EU soll laut Außenhandelsminister Liam Fox zum 1. Januar 2019 in Kraft treten. Das entspricht Mays Vorgabe, Artikel 50 der EU-Verträge mit seiner Zweijahresfrist für Austrittsverhandlungen nicht mehr 2016 zu aktivieren, sondern erst Anfang 2017.

Das ist später als von vielen EU-Politikern gewünscht, aber Theresa May ist keine Politikerin, die sich von Wünschen aus der Ruhe bringen lässt. In das Bild eines gemächlichen, aber zielstrebig verfolgten Brexit passt auch die Londoner Ankündigung vom Mittwoch, dass Großbritannien seine turnusmäßig für die zweite Jahreshälfte 2017 angesetzte EU-Ratspräsidentschaft nicht mehr in Anspruch nehmen wird, weil dann der Brexit Vorrang hat.

May lässt sich nicht in die Karten gucken. Bei ihrer ersten Fragestunde als Premierministerin im Unterhaus am Mittwoch wich sie Brexit-Fragen gekonnt aus. Parteikollege Edward Leigh, ein konservativer Traditionalist der alten Schule, wollte eine Bestätigung, dass Großbritannien nach dem EU-Austritt nicht im EU-Binnenmarkt bleibt – und May antwortete mit einem Sowohl-als-auch: „Wir müssen sicherstellen, dass wir hören, was die Menschen über Kontrollen der Freizügigkeit gesagt haben, aber dass wir auch für das britische Volk das beste Handelsabkommen für Waren und Dienstleistungen aushandeln.“

Die Chefin lässt nichts anbrennen

Als das 75-jährige Labour-Urgestein Barry Sheerman Garantien für die EU-freundliche junge Generation verlangte, sagte die Premierministerin: „Wir verlassen die EU, aber nicht Europa […]. Wir sollten ihre Möglichkeiten und Horizonte nicht dadurch einschränken, dass wir bloß auf Europa schauen. Dieses Land wird aus Brexit einen Erfolg machen, weil wir draußen in der Welt sein werden.“

Theresa May denkt jedenfalls nicht daran, die Hoheit über den Brexit zu delegieren. Außenminister Johnson, Außenhandelsminister Fox und Brexit-Minister David Davis dürfen zwar gemeinsam das normalerweise dem Außenminister als Landsitz vorbehaltene Schloss Chevening nutzen, was schon zu Spekulationen über rauschende Feste voller Intrigen Anlass bietet. Aber den Ministerialausschuss zu Brexit, den May bei ihrer ersten Kabinettssitzung am Dienstag ins Leben rief, leitet sie selbst.

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