Themen beim G-7-Gipfel: Nur am Rande

Die Themen Afrika, Frauen, Umweltschutz und Gesundheit laufen auf dem G-7-Gipfel zwar nur am Rande. Trotzdem sind sie wichtig.

Eine Frau trägt einen Pappmaché-Kopf der Kanzlerin.

Einer der wichtigsten Nebenpunkte: Gesundheit, ein Herzschlagthema der Kanzlerin. Foto: dpa

Thema Umwelt: Schon die Erwähnung gilt als Erfolg

BERLIN taz | Tiefseebergbau, Hochseeschutz, Ozeanvermüllung: Es sind recht spezielle Fragen, die Angela Merkel auf die Umwelt-Agenda des diesjährigen G-7-Gipfels gesetzt hat. Doch relevant sind die Fragen fraglos.

Schließlich rückt der Meeresboden bei der Suche nach neuen Rohstoffquellen immer stärker ins Visier - ohne dass es dafür bisher verbindliche Regeln zum Schutz der Meeresökologie gibt. Die Vermüllung der Ozeane mit Plastik, die jährlich allein mehr als eine Million Seevögel tötet, nimmt dramatisch zu. Und jene zwei Drittel der Ozeane, die außerhalb der Hoheitszonen einzelner Staaten liegen, werden aufgrund unzureichender Abkommen und fehlender Organisation nicht ausreichend geschützt.

Eine ausführliche Debatte zu diesem Thema wird beim Gipfel auf Schloss Elmau nicht erwartet. Für Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ist es aber schon ein großer Erfolg, dass das Thema überhaupt auf der Tagesordnung steht. Lobbyorganisationen wie der WWF hoffen darauf, dass sich die G-7-Staaten in ihrer Abschlusserklärung zu einer aktiven Rolle bei der Lösung verpflichten - etwa indem sie in den UN-Gremien ein Abkommen zum Schutz der hohen See und ein verbindliches Regelwerk für den Tiefseebergbau voranbringen. „Ein solches Signal wäre für die laufenden Prozesse extrem hilfreich“, meint WWF-Meeresexpertin Heike Vesper.

Mehr Raum wird in den Gesprächen vermutlich der Klimaschutz einnehmen. Hier will Merkel im Vorfeld des Weltklimagipfels in Paris ein starkes Bekenntnis der G 7 zu einer mittelfristigen „Dekarbonisierung“ der Weltwirtschaft erreichen; doch diese Abkehr von fossilen Energien stößt teilweise auf deutlichen Widerstand. Auch um Finanzzusagen an Entwicklungsländer zur Anpassung an den Klimawandel wird vermutlich intensiv gerungen werden.

Malte Kreutzfeldt

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Herzschlagthema: Gesundheit

Gesundheitspolitik gerät zum Herzensthema der Kanzlerin: Gleich drei medizinische Großthemen hat Angela Merkel (CDU) auf die G-7-Agenda geschrieben: die Vorsorge vor neuen Pandemien, den Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen und die Erforschung seltener Tropenkrankheiten.

Um ein erneutes Versagen der internationalen Gemeinschaft wie bei der Ebola-Epidemie in Westafrika zu vermeiden, soll die Weltgesundheitsorganisation (WHO) reformiert und ein Pool schnell einsatzfähiger, internationaler Gesundheitsexperten aufgebaut werden. Ebenso dringlich ist der Appell, den inflationären Einsatz von Antibiotika in der Medizin wie in der Landwirtschaft zu stoppen: Laut WHO sterben jedes Jahr rund 700.000 Menschen an den Folgen einer Resistenz, in Deutschland rund 15.000. Passiert weiterhin nichts, droht ein Rückfall in die Zeit vor der Erfindung des Penicillins.

Heike Haarhoff

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Nebenthema: Afrika und Terror

BERLIN taz | Der traditionelle „Outreach“ des G-7-Treffens in Richtung Afrika steht dieses Jahr unter dem Zeichen der Ausbreitung des islamistischen Terrors. Zu dem Treffen, das den Vormittag des zweiten Gipfeltages füllt, erwartet die Bundesregierung nach eigenen Angaben die Staats- oder Regierungschefs von Äthiopien, Irak, Liberia, Nigeria, Senegal und Tunesien. Mit Ausnahme Liberias, dessen Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf vor allem wegen Ebola geladen ist, sind alle diese Länder Frontstaaten im Kampf gegen den islamischen Fundamentalismus.

Die G-7-Außenminister hatten auf ihrem letzten Gipfelvorbereitungstreffen den „Islamischen Staat“ (IS), den Konflikt in der Ukraine und die Atomverhandlungen mit dem Iran als wichtigste Brennpunkte benannt. Besonderes Interesse dürfte der Gipfel Muhammadu Buhari entgegenbringen, neuer Präsident von Afrikas größtem Land Nigeria, auf dem hohe Erwartungen lasten.

Dominic Johnson

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Außerdem: Mehr selbstständige Frauen

BERLIN taz | Frauen sollen Unternehmen gründen, eigenes Geld verdienen und sich unabhängig machen - von staatlicher Subvention und Ehemännern. Und die G-7-Staaten sollen die Frauen dabei unterstützen. So lässt sich zusammenfassen, was Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Regierungschefs am Wochenende abringen will.

Zum ersten Mal reden Vertreter der größten Industriestaaten bei ihrer Zusammenkunft über die Macht der Ökonomie bei Genderfragen. Zwar spielten schon bei früheren Treffen Armut und sexuelle Gewalt eine Rolle. Diese Themen wurden allerdings lediglich am Rande verhandelt.

Es sei explizit Merkels Wunsch gewesen, diesmal „Gender oeconomic empowerment“ - die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen - auf die Tagesordnung zu setzen, ist zu hören. Während in der westlichen Welt heftig um mehr Frauen in Führungspositionen gerungen wird, geht es in den Entwicklungs- und Schwellenländern darum, Frauen überhaupt erst einmal in den Arbeitsmarkt zu bringen. Dazu bedarf es vor allem Geld für Bildung. Viele Frauen und Mädchen können nicht lesen und schreiben, weil sie nie zur Schule gegangen sind.

Das sollen die G 7 jetzt ändern. So schlägt Deutschland vor, die G 7 zu verpflichten, die Zahl der beruflich qualifizierten Frauen in den Entwicklungsländern bis zum Jahr 2030 um ein Drittel zu erhöhen. Unternehmen in Frauenhand sind in Entwicklungsländern beispielsweise kleine Nähereien und Handwerksbetriebe, aber auch eine Ladenbesitzerin, eine Bäuerin oder eine Expertin für Fußmassagen.

Die Chance, dass das Papier von allen unterzeichnet wird, ist groß. „Wir haben Hoffnung, dass das kein Feigenblatt ist“, sagte Nina Schröder von Venro. Der Entwicklungshilfeverband sieht das Gipfeltreffen grundsätzlich kritisch und veranstaltet im Vorfeld Workshops zu „Frauenfragen“.

Simone Schmollack

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