Tennis US-Open: Es geht ihm gut

Bei einer Gala stellt Roger Federer klar, dass er sich noch nicht zum alten Eisen zählt. Gut zu wissen, denn nun beginnen die US-Open.

Auf der Sympathie-Rangliste weit oben: Roger Federer. Bild: ap

NEW YORK taz | Mit solchen Gefährten fahren Gäste des Waldorf Astoria in der noblen New Yorker Park Avenue normalerweise nicht vor. Um die Ecke hatte eine ehemalige Nummer eins des Männertennis ein Wohnmobil mit unverwechselbarer Bemalung abgestellt.

Das Kürzel auf der Seitenwand – WOW – steht für Wilander on Wheels (Wilander auf Rädern); wenn er nicht für den Fernsehsender Eurosport kommentiert, tourt der Schwede in diesem Wagen durch Nordamerika, um in kleinen Vereinen die Kunde vom großen Tennis zu vermitteln. Aber in diesem Fall hatte Wilander sozusagen den Kommentar zu einem bemerkenswerten Abend plakativ vor der Tür geparkt.

Denn drinnen im großen Ballsaal versammelten sich auf den Tag genau 40 Jahre nachdem im August 1973 zum ersten Mal eine offizielle Computerrangliste mit den Weltbesten des Männertennis erschienen war, 19 jener 25 Spieler, die in dieser Zeit an der Spitze gestanden hatten. Angefangen von der ersten Nummer eins, dem Rumänen Ilie Nastase, bis zum aktuellen Spitzenreiter, Novak Djokovic.

Die Idee für diesen Abend, an dem die ATP das Erbe einer entscheidenden Entwicklung feierte, stammte von ihrem Chef Brad Drewett, der Anfang Mai gestorben war. Das Ergebnis dürfte ihm, falls er irgendwo von oben zusah, gefallen haben.

Da thronten die drei Großen der siebziger und achtziger Jahre nebeneinander, John McEnroe, Björn Borg und Jimmy Connors; Letzterer hatte den Dresscode des Abends („Cocktail“) ignoriert und trug schmucklos Polohemd statt Krawatte, Borg saß als Puffer zwischen Connors und dessen einstigem Lieblingsfeind McEnroe und hatte sich für diese Aufgabe ein wenig Mut angetrunken.

Im Kreis einstiger Idole

Das Trio gehörte wie Wilander oder auch Ivan Lendl zu den insgesamt 16 Spielern, die nicht nur irgendwann, sondern am Ende eines Jahres an der Spitze der Rangliste gestanden hatten; das sind sozusagen die Besten im Club der Besten. Und von den 16 fehlten an diesem denkwürdigen Abend nur zwei, die Herren Sampras und Agassi.

Rechts vom Pokal, mit dem die Nummer eins zum Jahresende ausgezeichnet wird, saß die jüngere Generation mit dem aktuellen Spitzenmann Djokovic, Rafael Nadal und Roger Federer, aber auch mit Andy Roddick, der vor einem Jahr bei den US Open zurückgetreten war. Der Amerikaner prägte den Spruch des Abends, als er meinte: „Ganz ehrlich, es ist eine große Ehre, in diesem Raum der schlechteste Spieler zu sein.“

Federer gestand am Tag danach, er habe im Kreis seiner einstigen Idole ein paar sehr schöne, inspirierende Stunden verbracht. Und wie gut es ihm getan habe, aus diesem Kreis zu hören: „Spiel bloß weiter.“ Wenn er diesen Montag zu seiner ersten Partie bei den US Open 2013 gegen den Slowenen Grega Zemlja im Arthur-Ashe-Stadion erscheinen wird, wird er das mit der schlechtesten Position in der Weltrangliste und der Setzliste seit mehr als zehn Jahren tun; nach einem eher mittelprächtigen Jahr mit dem Gewinn eines einzigen Titels – im Juni in Halle – ist er auf Nummer 7 abgerutscht.

Aber er versichert, es gehe ihm gut. Kürzlich nach seiner Niederlage beim Turnier in Cincinnati gegen Rafael Nadal hatte er gesagt, solange mit seiner Leidenschaft fürs Spiel alles in Ordnung sei, werde er sicher nicht aufhören, und diese Leidenschaft sei immer noch himmelhoch. Nun fügte er hinzu: „Ich denke, wenn ich gut spiele und mich gut fühle, dann bin ich besser als Nummer sieben.“

Ein Meister der Bescheidenheit

302 Wochen lang, zuletzt Anfang November 2012, führte er die Weltrangliste an, länger als jeder andere im Männertennis, und man kann ihm wohl glauben, wenn er sagt, in diesem Stadium seiner Karriere sei er an Zahlen nicht mehr so wahnsinnig interessiert.

Die ATP dagegen präsentierte angesichts des Jubiläums ein kleines Zahlenspiel und ermittelte Durchschnittswerte ihrer Besten aus 40 Jahren. Auf dieser Basis ist der Mann an der Spitze 24 Jahre alt, gewinnt 87 Prozent seiner Spiele eines Jahres und 8,4 Titel, darunter 1,7 bei den wichtigsten Turnieren, den Grand Slams.

Diesen letzten Wert erreichte 2013 bisher keiner. Djokovic gewann die Australian Open, Nadal verteidigte seinen Titel bei den French Open in Paris, Andy Murray triumphierte in Wimbledon. Das Finale der US Open 2012, in dem Murray gegen Djokovic seinen ersten Grand-Slam-Titel gewann, hatte Nadal am Fernsehschirm verfolgt; so was fällt verletzten Spielern normalerweise nicht leicht.

Aber er sagt, das sei kein Problem gewesen: „Bei den meisten Grand-Slam-Turnieren hab ich das Finale im Fernsehen gesehen, das war also nichts völlig Neues.“ So kann man die Sache auch betrachten, wenn man selbst mit zwölf Grand-Slam-Titeln noch ein Meister der Bescheidenheit ist.

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