Telekom-Managerin zur Frauenquote: "Nicht nur geklonte Kraftmeier"

Die Deutsche Telekom hat sich eine 30-prozentige Frauenzielquote gegeben. Managerin Mechthilde Maier über die Ängste der Männer und die Unsichtbarkeit von Frauen.

Führend in Sache Frauenquote: Deutsche Telekom. Bild: dapd

taz: Frau Maier, Ihre Telekom ist ganz vorne in der Quotendebatte, Sie haben seit 2010 eine 30-Prozent-Quote. Sind Sie das Unternehmen der glücklichen Quotenfrauen?

Mechthilde Maier: Oh, einige Frauen hatten schon massive Bedenken, dass sie in Zukunft als Quotenfrauen gelten, die nicht wegen ihrer Leistung aufsteigen.

Konnten Sie die Vorbehalte entkräften?

Die 55-jährige Betriebswirtin ist Leiterin des Group Diversity Managements bei der Deutschen Telekom und hat die Einführung der 30-Prozent-Quote begleitet.

Ja und nein. Wir klären sehr viel auf: dass es weiter uneingeschränkt um die Bestenauswahl geht und warum wir einen Kulturwandel brauchen - dann dreht sich oft das Bild.

Und haben die Männer Angst, dass die Frauen nun bevorzugt werden?

Manche Männer befürchten tatsächlich, dass sie den Job, den sie glauben sich erdient zu haben, nun nicht mehr bekommen. Das klassische "Ich bin am dransten". Das funktioniert jetzt nicht mehr, weil plötzlich Transparenz da ist. Aber auch hier müssen wir klarstellen: Wir haben keine Besetzungs-, sondern eine Zielquote. Bis 2015 wollen wir in den mittleren und oberen Führungsebenen 30 Prozent Frauen haben. Es wird also nicht automatisch jede dritte Stelle mit einer Frau besetzt. Der oder die Beste bekommt den Job.

Wie macht sich die Zielquote bei der Rekrutierung von Frauen bemerkbar?

Frauen wollen tatsächlich anders angesprochen werden als Männer. Männer sind häufig offensiver und weniger selbstkritisch als Frauen, wenn es um einen neuen Job geht. Wenn das Geld und der Dienstwagen stimmen, schlagen sie eher zu. Frauen dagegen befürchten oft Stress mit ihrer Familie. Oder sie wollen das Team nicht im Stich lassen. Bei einer Frau erlebt man auch seltener, dass sie sich überschätzt.

Wie beugen Sie nun vor?

Wir haben alle Auswahlgespräche gegendert. Man muss die männliche Brille absetzen und eine andere aufsetzen. Dann kann man Selbstkritik bei Frauen auch als Reflexionsfähigkeit würdigen. Es muss auf allen Besetzungslisten mindestens ein Drittel gleich gut qualifizierte Frauen stehen. Denn zuerst fallen einem immer die Männer aus der Seilschaft ein: Es muss jetzt aber schnell gehen, und der Soundso ist doch schon an dem Thema dran. Bei uns ist es jetzt so: Wenn da kein Drittel Frauen steht, dann gibts erst mal keine Besetzung. Das müssen Sie bis hin zum Vorstand erklären. Da brauchen Sie gute Argumente.

Nun fragen sich Personalchefs, wo sie denn die vielen Frauen für die Topjobs finden sollen. Woher kamen die bei Ihnen?

Das ist die Frage der Sichtbarkeit von Frauen, da muss noch viel geschehen. Unsere weiblichen Nachwuchskräfte erhalten etwa Unterstützung durch einen Sponsor, der ihnen hilft, Türen zu öffnen, sichtbar zu werden.

QuotengegnerInnen sagen deshalb: Die Frauen können sich eben nicht durchsetzen.

Ja, und die sind auch bei uns noch nicht völlig verstummt. Da sind wir bei einer Kulturfrage: Wenn ich Frauen will, die wie Männer ticken, nehme ich besser das Original. Wenn ich aber ein gemischtes Team mit verschieden ausgeprägten Kompetenzen haben will, dann sollte ich diese Scheuklappen ablegen. Mit gemischten Teams, die verschiedene Stärken haben, kann man mit Sicherheit besser arbeiten als mit lauter Klonen der immergleichen Kraftmeier.

Daimler-Chef Dieter Zetsche hat gefragt: Wo soll ich mit den ganzen Männern hin, wenn ich eine Frauenquote einführe? Wo sind die Telekom-Männer hin?

Kein Mann wird bei uns aufgrund der Quote seinen Job verlieren. Wir wollen keine neue Monokultur. Wir schauen nach Diversity, nach Vielfalt: Nicht nur mittelalte Männer mit einem bestimmten Hintergrund werden angeschaut, sondern auch Frauen, verschiedene Altersgruppen und Herkünfte. Damit werden automatisch die Seilschaften durchbrochen. Das ist für manchen das Schmerzlichste an dem ganzen Prozess.

Frauen sind weniger aufstiegsorientiert, vielleicht auch stärker familienorientiert als Männer, heißt es. Passiert es Ihnen nicht, dass sie die Frauen schlicht nicht finden?

Ja, diese tradierten Rollenbilder sind eine große Hürde. Die versuchen wir, mit neuen Angeboten unseres Work-Life-Programms zu ändern. Da kann es um Unterstützung für Ferienzeiten der Kinder gehen, um Teilzeitmodelle. Wir bieten zudem mehr als 300 Kinderbetreuungsplätze an - auch in den Ferien.

Kann man in einer Führungsposition bei der Telekom in Teilzeit arbeiten?

Wenn man es gut abspricht mit seinem Team, ist da vieles möglich. Wir unterstützen das ganz ausdrücklich.

Warum hat gerade die Telekom sich so ernsthaft gegendert - im Gegensatz zu anderen Firmen?

Vielleicht weil wir in einer tiefen Krise steckten, denken Sie an den Datenschutzskandal …

bei dem Verbindungsdaten von Betriebsräten, Gewerkschaftern und Managern der Telekom ausgespäht wurden.

Da mussten wir grundsätzlich etwas ändern, eine Kulturveränderung musste her. Wir wollen und wir brauchen eine offene Unternehmenskultur, in der Wertschätzung und Integrität gelebt werden. Auch wollen wir ein attraktiver Arbeitgeber sein angesichts der demografischen Entwicklung. Deshalb haben die DAX-Unternehmen jetzt auch nachgezogen und sich ebenfalls Ziele gesetzt.

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