Telefonüberwachung in Bahrain: Spitzeln mit deutscher Hilfe

Die Münchner Firma Trovicor soll bei der Mobilfunk-Überwachung in Bahrain mitgewirkt haben. Aktivisten erheben Beschwerde bei der deutschen OECD-Kontaktstelle.

Unter Beobachtung: Bahrains Opposition, hier bei einer Demonstration am 30. Januar. Bild: dpa

BERLIN taz | „Die Welt zu einem sicheren Platz machen“ – Menschenrechtler finden diesen Slogan der Firma Trovicor aus München zynisch. Immerhin hilft die Firma ihrer Meinung nach mit Technologie zur Überwachung von Telekommunikation den Sicherheitsbehörden des arabischen Staates Bahrain bei der Unterdrückung der Bevölkerung.

In ihrer Beschwerde beim Bundeswirtschaftsministerium sieht die Berliner Juristin Miriam Saage-Maaß „eine klare Verbindung zwischen der systematischen und flächendeckenden Überwachung von Telekommunikation und der willkürlichen Festnahme und Folter von Dissidenten durch die bahrainische Regierung“. Saage-Maaß arbeitet bei der Menschenrechtsorganisation ECCHR. Hinter der Beschwerde stehen außerdem Organisationen aus Bahrain und Reporter ohne Grenzen.

Um die Vorwürfe zu illustrieren, wird der Fall des Regierungskritikers Abd al-Ghani al-Khanjar geschildert. Er soll im August 2010 in seiner Wohnung in Bahrain festgenommen worden sein. Wochenlang habe man ihn dann im Innenministerium erniedrigt und geschlagen. Laut Juristin Saage-Maaß hielten die Vernehmer al-Khanjar Transskripte seiner SMS-Kommunikation vor, die sie wahrscheinlich unter Mitwirkung Trovicors erhalten hätten.

Trovicor sagt wenig

Das Münchner Unternehmen teilt auf Anfrage mit: „Trovicor hält sich strikt an alle internationalen Gesetze – in Deutschland, in der Europäischen Gemeinschaft und in anderen Ländern – und betreibt keine Geschäfte mit Ländern, die unter Embargos stehen.“ Zu den konkreten Vorwürfen sagt Trovicor nichts. Grundsätzlich äußere man sich nicht zu einzelnen Kunden und Staaten.

Die Sicherheitsbehörden der Insel Bahrain, einer konstitutionellen Monarchie bei Katar im Persischen Golf, versuchen seit Jahren, die Reformbewegung des Arabischen Frühlings niederzuschlagen. Vor diesem Hintergrund beschwerten die Menschenrechtsaktivisten sich jetzt auf der Basis der Leitsätze der Organisation für Wirtschaftliche Kooperation und Entwicklung (OECD). Diese verpflichten international tätige Unternehmen, sich nicht an Verletzungen von Menschenrechten zu beteiligen.

Die deutsche OECD-Kontaktstelle, die solche Fälle überprüft, sitzt im Bundeswirtschaftsministerium. „Die Trovicor GmbH vertreibt und wartet die Überwachungstechnologien, die von der bahrainischen Regierung eingesetzt werden“, heißt es in der Beschwerde. Mit dieser ließen sich auch Telefone, Mobiltelefone, SMS und Internet kontrollieren und Personen ausfindig machen, die der Sicherheitsapparat des Königs von Bahrain für gefährlich halte. Die Beschwerdeführer nehmen an, dass Trovicor noch heute die entsprechende Hard- und Software in Bahrain pflegt und erneuert.

Keine eindeutigen Beweise

Eindeutig beweisen können sie diese Anschuldigungen nicht. Da die Firma keine entsprechenden Informationen liefere, sind die Aktivisten darauf angewiesen, Indizien zusammenzusetzen. Ein Hinweis, der die Beteiligung Trovicors nahelege, bestehe darin, dass die Firma 2009 die Geschäftskontakte in Bahrain von der Nokia Siemens Networks AG übernommen und mindestens bis 2011 fortgeführt habe.

Wenn sie die Beschwerde für relevant hält, kann die deutsche Kontaktstelle nun ein Vermittlungsverfahren in Gang setzen. Beide Seiten müssen dann Stellung nehmen. Selbst wenn die Kontaktstelle zu dem Ergebnis käme, dass Trovicor gegen Menschenrechte verstieße, hätte dies zwar keine rechtlich bindende Konsequenz. Allerdings: Die Logik der Leitsätze besteht darin, mittels öffentlicher Aufmerksamkeit Verhaltensänderungen bei Unternehmen zu veranlassen.

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