„Tatort“ aus Hannover: Männer, Macht, Gewalt

Der Hannover-„Tatort“ hat nur zufällig Aktualitätsbezug zur #MeToo-Debatte. Besser so: Lindholm zuzusehen tut weh statt zu moralisieren.

Tatort-Kommissarin Maria Furtwängler lehnt sich über einen Tisch, rechts sitzt ein weinender Mann

Dieser Tatort verzichtet auf „Sendung-mit-der-Maus“-Sätze Foto: dpa

Oft tut es dem „Tatort“ nicht gut, wenn er sich allzu explizit eines gesellschaftspolitisch gut abgehangenen Themas annimmt. Man merkt dann immer schnell, dass da eine Redaktion sehr akribisch recherchiert hat – zu Prostitution oder Flüchtlingen oder künstlicher Intelligenz – und die Ergebnisse dann von den SchauspielerInnen in merkwürdigen „Sendung mit der Maus“-Sätzen sprechen lässt. Mir fällt gerade kein Beispiel ein, aber den nächsten dieser Info-Block-Dialoge werde ich mir aufschreiben, zur Wiedervorlage an dieser Stelle.

Besser also, der „Tatort“ hat nur zufällig Aktualitätsbezug – so wie der neue Charlotte-Lindholm-Fall aus Hannover, der quasi ein Beitrag zur aktuellen #MeToo-Debatte über männliche Gewalt ist. Die Kommissarin (Maria Furtwängler) vergnügt sich eingangs auf der Tanzfläche eines Clubs, dann muss sie irgendwann auf die Toilette. Warum sie nicht direkt dorthin geht, sondern sich draußen zwischen die Autos kauert, bleibt allerdings – wie der Parkplatz – im Dunkeln.

Dort jedenfalls filmen zwei wohlfrisierte Männer in gut sitzenden Hemden die Lindholm mit ihren Smartphones beim Pinkeln. Sie verlangt, die Männer mögen das Filmmaterial bitte löschen, und wirft das Handy des einen in den Dreck. Kurz darauf liegt sie selbst dort, die Männer treten auf „die Fotze“ ein. „Komm, reicht“, sagt einer, und weg sind sie.

Lindholm fällt heftig

Weil der „Tatort“ vor dem Harvey-Weinstein-Skandal gedreht wurde, twittert Lindholm nicht #MeToo, und es findet auch keine erschöpfende diskursive Abhandlung dieses tückischen Bermudadreiecks aus Macht, Gewalt und Patriarchat statt. Macht nichts, denn so bleibt uns die „Sendung mit der Maus“ erspart und wir können stattdessen einer tollen Maria Furtwängler dabei zusehen, wie sie, die Schrammen im Gesicht notdürftig mit Make-up überdeckt, nicht als Kommissarin ermittelt, sondern als verletzte Frau.

Das kann natürlich nur schiefgehen – insbesondere im „Fall Holdt“, wo selbiger, ein klammer Sparkassendirektor (Aljoscha Stadelmann), verdächtigt wird, seine Frau misshandelt und ihre Entführung in Auftrag gegeben zu haben, um sich am vermeintlichen Lösegeld zu bereichern.

Lindholm fällt dieses Mal heftig, und zwar nicht nur auf dem Parkplatz. Das mitanzusehen tut weh. Aber das muss es wohl auch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.