Tat von Drogenkartell in Mexiko: 72 Wanderarbeiter hingerichtet

Ein berüchtigtes Drogenkartell hat in Mexiko 72 Migranten getötet, die auf dem Weg in die USA waren. Sie hatten sich geweigert, mit der Mafia zu kooperieren.

Auf diesem mexikanischen Hof wurden die 72 Leichen gefunden. Bild: dpa

Zunächst sah es so aus wie ein weiteres Lager von Toten, die im Krieg der mexikanischen Drogenkartelle auf der Strecke geblieben waren: Marinesoldaten fanden am Dienstag 72 Leichen in einem Zimmer eines Gehöfts nahe der Stadt San Fernando im nördlichen Bundesstaat Tamaulipas, gut 150 Kilometer von der Grenze zu den USA. 58 tote Männer und 14 tote Frauen, manche noch sitzend an die Wand gelehnt, andere übereinandergestapelt. Zuvor hatten sich die Soldaten mit den Bewachern der Ranch eine Schießerei geliefert. Ein Soldat und drei Pistoleros wurden dabei getötet. Ein Minderjähriger wurde verhaftet.

Ähnliche Lager mit Leichen waren in den vergangenen Monaten schon einige gefunden worden, wenn auch noch nie so ein großes. Erst vor einer Woche hatte man in einer Mine in Hidalgo sieben Tote gefunden. Im Mai waren nahe dem Touristenort Taxco im südlichen Bundesstaat Guerrero 55 Leichen entdeckt worden. Doch die Toten von San Fernando waren keine Drogendealer. Es waren illegale Wanderarbeiter aus El Salvador, Honduras, Ecuador und Brasilien auf ihrem Weg in die USA. Sie waren von der Drogenmafia der Zetas entführt worden und hatten sich geweigert, mit dem Kartell zusammenzuarbeiten. Ein Ecuadorianer hat das Gemetzel mit einem Schuss in den Hals überlebt. Die Schlächter hielten ihn für tot. Es gelang ihm, zu fliehen und sich zum nächsten Militärposten durchzuschlagen.

Die Zetas, eines der blutrünstigsten mexikanischen Kartelle mit Ablegern in fast ganz Lateinamerika, hatten die entführten Wanderarbeiter dazu zwingen wollen, für sie logistische Aufgaben zu erledigen, erzählte der Ecuadorianer. Und wenn schon nicht das, so wollten sie wenigstens von den Familien ihrer Opfer Lösegeld erpressen. Doch die Wanderarbeiter weigerten sich.

Alejandro Poiré, Sprecher der mexikanischen Regierung für Sicherheitsfragen, wertet das Massaker schon fast als ein Zeichen der Schwäche der Drogenkartelle. "Wenn das organisierte Verbrechen auf Entführung und Erpressung zurückgreifen muss, so zeigt das, dass ein paar dieser Organisationen Probleme mit ihrer Finanzierung haben", sagte er. Es sei bekannt, dass Kartelle versuchten, illegale Wanderarbeiter anzuwerben.

Auch die Entführung und Erpressung von Immigranten ist kein neues Phänomen. Die hunderttausende von illegalen Zentral- und Südamerikanern, die jedes Jahr Mexiko auf dem Weg in die USA passieren, sind schon lange Freiwild. Seit der mexikanische Präsident Felipe Calderón den Drogen-Gangs Ende 2006 den offenen Krieg erklärte, haben die Kontrollen im Land und an der Grenze zugenommen. Allein zwischen Januar und Juli dieses Jahres wurden 43.700 Illegale aufgegriffen und abgeschoben.

Die Zahl der Illegalen hat deshalb nicht abgenommen. Sie gehen nur immer größere Risiken ein. Nach einem Bericht der Nationalen Kommission für Menschenrechte wurden allein zwischen Oktober 2008 und September 2009 mindestens 10.000 von ihnen entführt. Meist ging es darum, von den Verwandten in den Heimatländern Lösegeld zu erpressen. Junge Frauen wurden auch zur Prostitution gezwungen.

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