Syriza-Politiker über Schulden: „Ich hoffe auf weißen Rauch“

Das krisengeplagte Land wird es schaffen, glaubt Dimitris Papadimoulis. Nur Schäuble blockiere die Entwicklung mit seiner Haltung gegenüber dem IWF.

Roter Rauch steigt neben einem Feuerwehrhelm, der auf der Straße liegt, auf

Roter Rauch in Athen, hoffentlich weißer in Brüssel Foto: dpa

taz: Herr Papadimoulis, die Verhandlungen mit den Geldgebern geraten wieder einmal ins Stocken. Woran liegt’ s?

Dimitris Papadimoulis:Laut jüngsten Daten der EU-Kommission hat Griechenland die vereinbarten Ziele erreicht und ­sogar übertroffen. Der Grund für die Verzögerung sind übermäßige Forderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), der auf zusätzliche Sparmaßnahmen pocht. Ein weiterer Grund ist , dass der IWF eine größere Schulden­erleichterung und niedrigere ­Primärüberschüsse für Athen fordert, aber der deutsche Finanzminister sich dagegen stellt. Wir stehen vor der absurden Situation, dass Herr Schäuble nach eigenen Angaben den IWF mit an Bord will, aber jeden Kompromiss mit ihm ablehnt.

Die Geldgeber behaupten, es gehe darum, das bereits Zugesagte zu erfüllen.

Die beste Antwort darauf liefert EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Er sagt nämlich, dass die Griechen mehr Opfer gebracht und auch mehr Reformen als andere Europäer umgesetzt haben.

Befürchten Sie, dass ein ­Kompromiss zwischen den Euro-Finanzministern und dem IWF zulasten Griechenlands geht?

Wenn wir tatsächlich einen Kompromiss wollen, müssen doch alle Seiten von ihren ursprünglichen Positionen abrücken. In diesem Sinne hoffe ich durchaus auf „weißen Rauch“ beim anstehenden Treffen der Euro-Finanzminister am Montag.

62, ist langjähriges Syriza-Mitglied und Vizepräsident des Europäischen Parlaments. Er ist Mitbegründer der „Progressiven Allianz“ in Brüssel, einer lockeren Koalition von linken, grünen und sozialdemokratischen EU-Parlamentariern.

Wie sieht eine langfristige Lösung für Griechenland aus, damit sich das Land nicht ständig von Tranche zu Tranche hangelt?

Der einzige Ausweg wäre, dass die griechische Wirtschaft wieder auf den Wachstumspfad kommt. Und dass wir die ewigen Sünden in diesem Land beseitigen: Klientelismus, Korruption, Steuervermeidung. Auch die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft soll in den Vordergrund rücken, damit Griechenland bessere Produkte liefert und freundlicher für Investoren wird. Selbst wenn man uns über Nacht alle Schulden erlassen würde: Wir hätten nichts davon, wenn wir nicht aus eigenen Antrieb den griechischen Staat modernisieren und die Wirtschaft nach außen öffnen.

Ist ein Grexit endgültig vom Tisch?

Der Grexit ist vom Tisch. Wer das Thema anspricht, schadet nicht nur Griechenland, sondern dem gesamten Euro-Raum.

Die Union im Bundestag beharrt auf einer weiteren Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) an den Griechenland-Hilfen. Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Volker Kauder (CDU), warnte, die Regierung in Athen solle sich nicht täuschen. „Wir bestehen auf den Zusagen. Und der Internationale Währungsfonds (IWF) muss an Bord bleiben. Sonst können wir keine weiteren Hilfen genehmigen“, sagte er dem Focus.

Einen klassischen Schuldenschnitt – also den Erlass von Schulden – lassen die europäischen Verträge nicht zu. Denn ein Euro-Land darf nicht für ein anderes Euro-Land haften. Bei den aktuellen Reformauflagen ist Athen einmal mehr in Verzug. Daher liegen auch weitere Hilfskredite auf Eis.

Am Montag beraten die Euro-Finanzminister über den aktuellen Verhandlungsstand. (dpa)

Auch in Athen hat der eine oder andere Regierungsabgeordnete einen Euro-Austritt angedeutet.

Ich sage Ihnen ganz klar: Kein Regierungsmitglied und auch kein Syriza-Politiker will sich mit dem Grexit anfreunden. Wir wollen die Rettungspakete endlich hinter uns lassen. Die heutige Krise wäre ein Kinderspiel im Vergleich zu dem, was uns bei einem Grexit bevorstünde.

Welche Stimmung schlägt Ihnen im EU-Parlament entgegen? Eventuell Misstrauen gegenüber Syriza?

Derzeit haben Syriza und Ministerpräsident Alexis Tsipras viel mehr Freunde hier in Straßburg als noch vor zwei Jahren. Immer mehr sehen ein, dass es in ihrem eigenen Interesse wäre, Griechenland zu helfen.

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