Studie zu bezahlbarem Wohnraum: Die Maßnahmen reichen nicht

Der Stadtsoziologe Andrej Holm hat herausgefunden: Neubau und Mietpreisbremse allein werden die Wohnungsnot nicht lindern.

Es ist die Fassade eines Wohnhauses mit Balkonen ca. aus den 70er Jahren zu sehen. Auf einem Banner steht "Vermieten". Die Kamera wurde bei der Bildaufnahme schräg gehalten.

Das Wohnungsproblem bleibt in der Schieflage Foto: dpa

BERLIN taz | Als die „neue soziale Frage unserer Zeit“ bezeichnete Justizministerin Katarina Barley, SPD, kürzlich in der Bild am Sonntag das Thema Wohnen. Und tatsächlich: Kaum ein anderes Thema wird derzeit so heiß diskutiert. Zuletzt hatte sich sogar Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in die Debatte eingeschaltet. Auf dem Deutschen Städtetag warnte er, dass die Städte nicht zum „sozialen Kampfplatz um das Wohnen werden“ dürften.

Die Parteien ringen derzeit mit Preisbindungskonzepten bis hin zu Enteignungsforderungen um das beste Konzept. Für Alexander Gedaschko, Präsident der Wohnungswirtschaft, steht indes fest: Wohnen werde erst „bezahlbar, wenn mehr und günstiger gebaut wird“, so Gedaschko auf dem Wohnungsbautag Anfang Mai.

Eine am Donnerstag in Berlin präsentierte Studie sagt nun, dass Neubauten allein nicht reichen werden, um die Mieter zu entlasten. Im Auftrag der Fraktion Die Linke im Bundestag schaute sich der Stadtsoziologe und ehemalige Berliner Staatssekretär Andrej Holm die Mieten in über 300 deutschen Städten genauer an. Das Ergebnis dieser „Bestandsmietenanalyse 2013 bis 2018“: Neubauwohnungen würden aktuell „kaum einen Beitrag zur sozialen Wohnraumversorgung“ leisten.

Holm analysierte, wie viel Mieterinnen und Mieter in deutschen Städten mit über 20.000 Einwohnern für ihre Zweizimmerwohnungen ausgeben müssen. Durchgehend waren dabei die Mieten für Neubauten mit Abstand am höchsten. Im vergangenen Jahr sei eine Neubauwohnung mit zwei Zimmern im Schnitt satte 43 Prozent teurer gewesen als eine vergleichbare Altbauwohnung aus dem Jahr 1925, so Holm.

Für Ärmere ist Mietbelastung höher

In der Studie wurden auch die Einkommensverhältnisse der Mieter genauer untersucht. Das Fazit: „Je geringer das Einkommen, desto prekärer die Versorgungslage“ auf dem Wohnungsmarkt. Zwar stieg der Durchschnittslohn in den vergangenen fünf Jahren mit rund 13 Prozent etwas stärker als die durchschnittliche Miete. Für Menschen aus unteren Einkommensschichten sei die Mietbelastung allerdings deutlich höher: In fast allen untersuchten Städten waren für sie die Mieten nicht mehr leistbar.

Eine Warmmiete gilt dabei als leistbar, wenn sie nicht mehr als 30 Prozent vom Nettolohn beansprucht. Eine wirklich soziale Wohnungslage setze also Mietpreise voraus, die deutlich unter den aktuellen Marktpreisen lägen, so heißt es in der Studie. Die Wohnungspolitik müsse dafür „günstige Mieten im Bestand konsequent schützen und preisgebundene Bestände ­deutlich ausbauen“, fordert Holm.

Bundesweiter Mietenstopp gefordert

Die Linke sieht sich durch die Studie bestätigt. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Caren Lay forderte neue Maßnahmen bei der Mietpreisbindung: „Wir brauchen einen bundesweiten Mietenstopp für die nächsten fünf Jahre, wie Berlin ihn gerade einführen will.“ Ein öffentliches Wohnbauprogramm solle Wohnungen mit „dauerhaft bezahlbaren Mieten“ schaffen.

Für die 2013 unter der Großen Koalition eingeführte Mietpreisbremse traf die Studie übrigens ein vernichtendes Urteil. Sie habe „keinen messbaren Effekt auf die Mietpreisentwicklung in den untersuchten Städten“ gehabt, führt Holm aus. Die Mietpreisbremse hatte sicherstellen sollen, dass die Wohnkosten bei Wiedervermietung von Bestandswohnungen in bestimmten Regionen höchstens 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

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