Streit zwischen CSU und CDU: Drohend aufeinander zugehen

Im Konflikt um Merkels Flüchtlingspolitik sprechen CDU-Politiker von einer Ausdehnung nach Bayern. Schäuble nimmt derweil Seehofer in Schutz.

Doppelporträt Merkel und Seehofer

Nicht die allerbesten Freunde Foto: dpa

BERLIN dpa/rtr | Im Ringen um eine Lösung im Unionsstreit über die Flüchtlingspolitik treffen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer am Donnerstag in Berlin zusammen. Das Treffen der Unionsspitzen um Merkel und Seehofer war vergleichsweise kurzfristig angesetzt worden, um bei den großen noch offenen Themen in dieser Legislaturperiode einen gemeinsamen Unionskurs abzustecken.

Neben der Flüchtlingspolitik dürfte es um weitere Streitthemen wie die Zukunft der Rente, die Erbschaftssteuer oder die Bund-Länder-Finanzen gehen. Beschlüsse oder gemeinsame Papiere sind als Ergebnis des Treffens nicht zu erwarten.

Unter dem Druck der schweren CDU-Wahlschlappen in Berlin und zuvor in Mecklenburg-Vorpommern hatte Merkel am Montag Fehler in der Flüchtlingspolitik eingestanden. So sei der Flüchtlingszuzug 2015 vorübergehend außer Kontrolle geraten, sagte die CDU-Vorsitzende: „Die Wiederholung dieser Situation will niemand, auch ich nicht.“

Seehofer, der Merkels Vorgehen in der Flüchtlingskrise seit dem Vorjahr scharf attackiert, hatte das positiv bewertet. Er sieht aber keinen Kurswechsel der Kanzlerin, den seine Partei weiterhin fordert.

Vorsichtiges Entgegenkommen

In Sachen Obergrenze hatte die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt jüngst eine Kompromissmöglichkeit erkennen lassen. Sie verstehe die von Seehofer geforderte Obergrenze nicht so, dass der Erste, der nach 200.000 Flüchtlingen ankomme, nicht mehr ins Land dürfe. Es gehe um eine „Richtgröße“, eine „Orientierungsgröße“. Ob es dabei eine Formulierung mit der Zahl 200.000 oder ohne diese Zahl gebe, werde man sehen, so Hasselfeldt.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nimmt die Schwesterpartei CSU in Schutz. „Es ist eine Unverschämtheit, etwa dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer zu unterstellen, ausgerechnet er sei gegen einen menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen“, sagte Schäuble der Wirtschaftswoche. In Bayern gebe es weniger rechtsextreme Anschläge auf Flüchtlinge als in anderen Ländern. Zudem hätten die Bayern den Zustrom von Flüchtlingen 2015 herausragend bewältigt. Allerdings mahnte er auch Richtung Seehofer, die Rhetorik zu zügeln. „Was bringt es, immer gleich in jeder Auseinandersetzung das Ende einer Partei heraufzubeschwören?“, sagte er mit Blick auf Warnungen des CSU-Chefs, die Existenz der Union stehe auf dem Spiel.

Schäuble beurteilte zugleich den selbstkritischen Auftritt von CDU-Chefin Angela Merkel am Montag als überzeugend. Merkel habe nie die Schwere der Aufgabe infrage gestellt. „Aber die Aufgabe kann gemeistert werden, und da hilft es, wenn Politik Hoffnung vermittelt“, sagte er mit Blick auf Merkels umstrittenen Satz „Wir schaffen das“. „Wenn so der Zustrom geordnet werden kann und wir allmählich zu einer angemesseneren Verteilung kommen, dann werden wir die Menschen auch gut integrieren können. Und wenn der Satz der Bundeskanzlerin nun diese Wirkung hat, dann braucht sie ihn auch nicht mehr so oft zu sagen.“

Drohung einer Bayern-CDU

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier und sein Vorgänger Roland Koch schlagen derweil eine CDU-Ausdehnung nach Bayern vor, wenn die Schwesterpartei CSU im Flüchtlingsstreit nicht einlenken sollte. Wenn die Attacken aus München weitergingen, müsse man in München nach einer Immobilie Ausschau halten, sagte CDU-Vizechef Bouffier nach Informationen des Focus im CDU-Präsidium am Montag. Ein Teilnehmer der Sitzung bestätigte der Nachrichtenagentur Reuters diese Aussage.

Der Focus berichtete zudem, dass auch Koch, der als Symbolfigur der Konservativen in der CDU gilt, an eine Ausdehnung seiner Partei nach Bayern denke. „Wenn beide Seiten nicht bald zu einer Abkühlung kommen, dann wird CDU-Generalsekretär Tauber irgendwann in München Räumlichkeiten anmieten müssen“, soll Koch im Vorstand der hessischen CDU am vergangenen Freitag nach Teilnehmerangaben gesagt haben. Auch der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz hatte diese gefordert.

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