Streit um Zeise-Parkplatz: Dank Scholz & Friends

Wie in Ottensen aus geplanten Wohnungen ein Bürohaus werden soll: ein Lehrstück über Hamburger Baupolitik.

In Ottensen unbeliebt: Werber. Bild: dpa

Der umstrittene ehemalige Parkplatz neben den Ottenser Zeise-Hallen ist derzeit umzäumt. Bagger haben mit der Ausschachtung einer Baugrube für einen Neubau begonnen. „Es ist schon skurril, dass derzeit eine Baugrube ausgehoben wird, obwohl unklar ist, was da nun eigentlich für ein Neubau entsteht“, sagt Hauke Sann von der Initiative Pro-Wohnen Ottensen. Denn die Ini hat einen vorläufiges Genehmigungsstopp erwirkt, in dem sie ein Drittel der notwendigen Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen das „Zeise-Gate“ gesammelt hat.

Ursprünglich sollte auf dem Platz das Wohnungskonzept „Zeise 2“ realisiert werden. Auf 2.680 Quadratmetern sollten 86 Wohnungen entstehen – davon 41 sozial geförderte Wohneinheiten zu erschwinglichen Mieten. „Das wäre eine gute Ottenser Mischung gewesen“, sagt Sann. Denn in drei Jahren seien in dem Stadtteil nur zehn Sozialwohnungen fertiggestellt worden – 1,5 Prozent aller Neubauten in Ottensen.

In diesem Sinne hatten das Immobilien-Management der Finanzbehörde und die Hamburger „Kommission für Bodenordnung“ (KfB) 2013 der Procom Invest das Terrain zur Planung anhand gegeben – ohne öffentliche Ausschreibung. Noch im Frühjahr 2014, vor den Wahlen zur Bezirksversammlung Ende Mai, jubelten alle dort vertretenen Parteien, wie toll es sei, dass auf dem Areal so viele Sozialwohnungen entstünden.

Was das Wahlvolk nicht wusste, obwohl Teile der Bezirks-SPD informiert waren: Hinter den Kulissen waren längst andere Pläne geschmiedet worden. Die Firma Quantum war mit der Werbeagentur Scholz & Friends, einer Tochter der internationalen Werbeholding WPP, an Procom herangetreten, für zwölf Firmen der WPP einen sechsstöckigen Büro-Neubau zu errichten. Unterstützung fanden die Pläne in der Finanzbehörde und der KfB.

Bis zur konstituierenden Sitzung der neuen Bezirksversammlung im Juni waren die Mandatsträger zur Verschwiegenheit verpflichtet worden, die neuen Pläne wurden daher erst im Juli 2014 offiziell bekannt. Altonas SPD-Fraktionschef Thomas Adrian, Mitglied in der KfB, begründete seinen Salto mortale damit, dass durch das Bürohaus 1.000 Jobs in den Stadtteil geholt würden. Bezirksamtsleiterin Liane Melzer (SPD) sagte, Ottensen dürfe nicht zur „Schlafstadt“ werden.

Im Oktober ging dann alles atemberaubend schnell: Verkauf des städtischen Geländes an Procom/Quantum und der Bauvorbescheid. Nach der Initiierung des Bürgerbegehrens „Platz zum Wohnen“ kam zwei Tage später die Baugrubengenehmigung für die Tiefgarage. Der Bauantrag für das Gebäude könnte jetzt durch das Begehren blockiert worden sein. „Das ist richtig, dass wir im Moment nichts tun“, sagt Bezirksamtssprecher Martin Roehl.

Für die Ini bedeutet das keine Entwarnung. Durch das „Bezirksabstimmungs-Durchführungsgesetz“ könnte das Amt vom Investor gezwungen werden, die Baugenehmigung vor einem Bürgerentscheid zu erteilen.

Demo gegen Stadtteil-Ausverkauf: Samstag, 14 Uhr, Glacischaussee
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