Streit um Rundfunkstaatsvertrag: Die Klage ist der Medien Gruß

Bremens Heimatzeitung zieht gegen den Landesrundfunk vorn Kadi – weil sie in dessen Online-Plattform für gebührenfinanzierte Konkurrenz sieht

Schön: Ein Bremer Radio das wirklich nicht presseartig ist. Foto: Morn (wikimedia CC)

Mittwochabend lief die Frist aus, die vier Verlage – unter ihnen der des Weser-Kuriers (WK) – Radio Bremen gesetzt haben. Nun will der WK klagen: Radio Bremen wollte sich nicht unterwerfen. Gefordert war eine „Unterlassungserklärung“, mit der Radio Bremen hätte einräumen sollen, mit seinem Online-Nachrichten-Angebot gegen den Rundfunkstaatsvertrag zu verstoßen. Außerdem hätte der Landesfunk sich verpflichten müssen, das künftig nicht mehr zu tun.

Bundesweit haben Zeitungsverleger und Vertreter der Öffentlich-Rechtlichen in den letzten Monaten über das Thema verhandelt – ohne Ergebnis. Die privaten Zeitungsverleger wollen, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten im Internet ihre Themen nicht „presseähnlich“ präsentieren. Was „presseähnlich“ konkret heißt, müssen nun die Gerichte entscheiden.

Der Präsident des Bundes der Zeitungsverleger, Springer-Chef Mathias Döpfner, hat zur Begründung erläutert, die kostenlosen Online-Textangebote der Öffentlich-Rechtlichen würden „jeden Versuch der Verlage, ein funktionierende digitales Geschäftsmodell zu etablieren“, untergraben. Seit Jahren fordern die Verleger, dass die Öffentlich-Rechtlichen auf Werbeeinnahmen verzichten. Die machen nur rund sechs Prozent des Haushaltes der Öffentlich-Rechtlichen aus – rund 500 Millionen von 8 Milliarden Euro für ARD und ZDF. Auf diese Einnahmen wollen die trotzdem nicht verzichten, und so dürfen die Öffentlich-Rechtlichen ihre Filme nicht dauerhaft in einer Mediathek kostenfrei zur Verfügung und ihre Nachrichten nicht „presseähnlich“ online stellen. So schreibt der Rundfunkstaatsvertrag den Kompromiss fest.

Die „Tagesschau“ hat ein ähnliches Gerichtsverfahren schon verloren. In der Konsequenz setzt die „Tagesschau“-App mehr auf aktuelle Videos. Textnachrichten dürfen nach Ansicht der klagenden Verleger nur maximal ein Drittel des Internet-Angebotes ausmachen. Der WK selbst beklagte in seiner Nachricht über den juristischen Streit, auf der Nachrichtenseite von radiobremen.de stünden „nicht-sendungsbezogene Textangebote im Vordergrund“. Es gebe dort „eine fast ausnahmslos aus zeitungsähnlich aufgemachten Texten und stehenden Bildern bestehende pressetypische Berichterstattung“. Man werde dadurch umfassend informiert, Verlinkungen auf Videofilme seien nicht wesentlicher Bestandteil des Online-Angebotes.

Radio Bremen hat im März schon stillschweigend reagiert: Unter den presseähnlichen Texten steht nun, wie eine Fußnote, wo „dieses Thema im Programm“ zu hören gewesen war – mit Datum und Uhrzeit. Leser interessieren solche Angaben nicht, aber möglicherweise das Gericht. Allerdings haben die klagenden Verlage die Internetnachrichten vom 16. bis zum 20. Februar zum Gegenstand der Klage gemacht. Da fehlten diese Zusätze noch.

Auch das juristische Verfahren um die „Tagesschau“-App bezog sich auf einen konkreten Nachrichtentag, nämlich den 15. Juni 2011. Nach Ansicht der Verleger sollen sich alle öffentlich-rechtlichen Anstalten an die Kriterien halten, die das Kölner Gericht im Streit um die App formuliert hat. Darüber wird es aber möglicherweise noch zu einer endgültigen Klärung vor dem Bundesgerichtshof kommen.

Eine ähnliche Klage gibt es von ostdeutschen Zeitungsverlegern gegen Radio Berlin-Brandenburg. Der Bayerische Rundfunk hatte schon im Juni 2016 vorm Landgericht München eine Unterlassungserklärung abgegeben, um einen Prozess zu vermeiden. Die Verleger haben dadurch aber nicht bekommen, was sie wollten: Heute findet man unter www.br.de/Nachrichten direkt unter den Schlagzeilen jeweils einen Link zu einem Video, aber auch einen vollständig informierenden Text.

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