Strafvollzugsgesetz soll umgesetzt werden: 30.000 Gefangene um Rente geprellt

Der Staat spart jährlich 160 Millionen Euro Rentenbeiträge. Der Grund: Bisher bekommen Gefangene keine staatliche Alterssicherung. Das soll sich jetzt ändern.

Seit 1976 gibt es ein Gesetz, das auch Gefangenen soziale Sicherung garantiert. Bild: AP

BERLIN taz | Der deutsche Staat prellt jährlich mehr als 30.000 Strafgefangene um ihre Rentenbeiträge. Der Grund: Ein bereits 1976 beschlossenes Gesetz, das auch Gefangenen soziale Sicherung garantiert, wurde bis heute nicht in die Tat umgesetzt. Martin Singe vom Komitee für Grundrechte und Demokratie in Köln spricht von einem "politischen Skandal". Eine Petition an den Deutschen Bundestag und eine bundesweite Unterschriftenaktion sollen die Verantwortlichen jetzt zum Handeln bewegen.

Bereits 1976 wurde das heute geltende Strafvollzugsgesetz verabschiedet. Darin findet sich die Ankündigung, ein Bundesgesetz zur sozialen Sicherung von Häftlingen zu erlassen. Doch bis heute ignoriert der Bund diese Selbstverpflichtung konsequent. Für Singe ist dies "eine soziale Ungerechtigkeit den Gefangenen gegenüber, die keine Lobby haben".

Seine Initiative hat eine Petition an den Bundestag gerichtet, nach der die Abgeordneten beschließen sollen, dass alle Gefangenen in die Rentenversicherung einzubeziehen sind, die im Strafvollzug einer Arbeit oder Ausbildung nachgehen.

Etwa 160 Millionen Euro würde dies die Länder pro Jahr kosten - sie sind zuständig für die Beitragszahlungen. Eine Summe, die sich aber laut Singe auszahlen würde. Denn derzeit seien ehemalige Häftlinge im Rentenalter oft auf Leistungen aus den Sozialkassen angewiesen. Vielleicht deswegen hält auch die Bundesregierung selbst "die Einbeziehung von Strafgefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung weiterhin für sinnvoll", wie es in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linkspartei aus dem Jahr 2008 heißt.

Da der Petitionsausschuss des Bundestags sich erst im Herbst mit dem Thema beschäftigen wird, versuchen Singe und seine Mitstreiter, auch anderweitig politischen Druck aufzubauen. Elf Organisationen haben sich dem Vorhaben bereits angeschlossen, darunter der größte deutsche Zusammenschluss aus Interessenvertretungen für die Rechte von Gefangenen, die Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe. Über 1.300 Unterschriften sollen am kommenden Dienstag an den Bundestagsabgeordneten Matthias Birkwald (Linke) übergeben werden.

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