Strafe für Kitaverweigerer?: Sprachtest fällt bei Eltern durch

Seit 2014 müssen zu Hause betreute Vierjährige zum Sprachtest. Wer Förderbedarf hat, muss in die Kita, sonst droht ein Bußgeld. Eltern beeindruckt das wenig.

Kids: Lieber auf dem Klettergerüst als deutsch büffeln Foto: dpa

Auch bei Androhung von Strafe sind Eltern offenbar nicht bereit, sich bei der Sprachförderung ihrer Kinder reinreden zu lassen: Seit März 2014 müssen laut Berliner Schulgesetz alle Vierjährigen, die nicht in die Kita gehen, zum verpflichtenden Sprachtest. Nimmt ein Kind nicht daran teil oder melden die Eltern es nicht in einer Kita an, obwohl beim Test Förderbedarf festgestellt wurde, droht ein Bußgeld – bis zu 2.500 Euro können die Schulämter der Bezirke erheben.

Klingt gut, ist aber wirkungslos. Denn die Kita-Anmeldequoten dieser Kinder haben sich nicht erhöht. Das geht aus der Antwort der Senatsverwaltung für Bildung auf eine Grünen-Anfrage hervor.

Berlinweit gehen rund 8 Prozent der Vorschulkinder nicht in die Kita. In diesem Jahr sind es sogar mehr, die trotz „Auflage zur Sprachförderung“ weder in einer Kita angemeldet werden noch zu den alternativen Förderstunden erscheinen, die die Bildungsverwaltung für diese Kinder in 43 „Kooperationskitas“ organisiert. Von 760 getesteten Kindern hatten in diesem Jahr 448 den Test nicht bestanden. Knapp die Hälfte von ihnen nahm trotzdem keine Fördermaßnahme in Anspruch. Bei 2009 geborenen Kindern waren es nur rund ein Drittel von 304 Kindern mit Förderbedarf, die dennoch nicht in einer Kita angemeldet wurden. Die Bußgeld-Regelung galt für sie noch nicht.

Auch aktuelle Kitaverweigerer müssen keine Folgen befürchten. Trotz Bußgeldregelung. Denn die Bezirke sind nicht bereit, die Gesetzesverschärfung umzusetzen. Bei 20, 30 Fällen pro Jahr schieße man nicht gern „mit Kanonen auf Spatzen“, heißt es etwa aus dem Schulamt Neukölln. Lieber wolle man überzeugen als vollstrecken: „Man kann ja mit den Eltern reden, das tun wir und da sind wir auch hartnäckig“, so ein Schulamtsmitarbeiter.

Gespräch wird gesucht

Man verzichte aber vor allem deswegen auf Bußgeld, weil man wohl jedes Gerichtsverfahren gegen zahlungsunwillige Eltern verlieren würde. So könnten die meisten glaubhaft versichern, bisher schlicht keinen Kitaplatz für ihr Kind gefunden zu haben. Das prüfe man beim Jugendamt und den Kita-Trägern nach, heißt es aus dem Schulamt.

In der Tat ist die Kitaplatzsituation insbesondere in Neukölln angespannt: Im Sommer klagte Neuköllns Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU) über mindestens 1.000 fehlende Plätze für die Drei- bis Sechsjährigen im Bezirk. Derzeit können übrigens von berlinweit rund 163.000 Kitaplätzen 11.000 nicht genutzt werden – etwa weil ErzieherInnen fehlen.

In Spandau, neben Neukölln und Mitte der Bezirk mit der niedrigsten Kita-Quote bei den Drei- bis Sechsjährigen, will man Eltern ebenfalls lieber überzeugen als bestrafen. Verhängt habe man das Bußgeld noch nicht und lediglich „einmal im Gespräch konkret angedroht“, sagt Schulamtsleiter Gregor Kempert.

Etwa 20 „Ultima-Ratio-Gespräche“ führe man pro Jahr. Bei Familien aus sozial schwierigen Verhältnissen scheitere es manchmal am „Wie“ des Antrags, da helfe etwas Unterstützung. Manche hätten – wie auch in Neukölln – keinen Platz in Wohnortnähe bekommen können. „Und interessanterweise sind es gerade die bildungsnahen Familien, die sich manchmal grundsätzlich gegen die Kita wehren“, sagt Kempert.

Die Senatsverwaltung betont, man habe „frühestens 2016“ wirklich Vergleichsdaten, ob die Bußgeldregel Eltern nicht doch zur Kooperation bewege. Dafür müssten allerdings auch die Bezirke, die das Geld eintreiben, von diesem Instrument überzeugt sein.

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