Stiftung Warentest über Elektrofahrräder: Radeln mit Strom und Risiko

Die Nachfrage nach Elektrofahrrädern in Deutschland ist riesig. Aber mehr als die Hälfte aller überprüften Fahrzeuge ist mangelhaft.

Käufer sollten sich vorab gut informieren. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Ergebnis ist katastrophal: 9 von 16 getesteten Elektrofahrrädern, also mehr als die Hälfte, sind bei umfangreichen technischen Überprüfungen der Stiftung Warentest und des Autofahrerclubs ADAC durchgefallen. Zum Teil gab es sogar gravierende Sicherheitsmängel. Die Testergebnisse wurden am Dienstag von beiden Organisationen in Berlin vorgestellt.

Bei einem Elektrorad wird der Fahrer beim Treten durch einen Elektromotor bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Kilometer pro Stunde unterstützt, sodass er viel schneller und leichter diese Geschwindigkeit erreichen und halten kann als ohne Motorunterstützung – der oft beschriebene „eingebaute Rückenwind“. Ohne eigenes Treten allerdings kommt der Nutzer nicht voran, sodass – je nach Temperament des Fahrers – auch der sportliche Aspekt nicht zu kurz kommt. Die Batterie kann an Steckdosen aufgeladen werden.

Der Gesamtmarkt für Elektrofahrräder wächst stürmisch. Insgesamt sind nach Branchenangaben mittlerweile 1,3 Millionen E-Räder in Deutschland unterwegs. Knapp 380.000 Räder verkauften die Hersteller im vergangenen Jahr – 15 Prozent mehr als 2011 und fast doppelt so viele wie 2010. Elektrofahrräder gelten als ökologisch vorteilhaft, weil sie Autofahrer auch auf weiteren Strecken oder im bergigen Gelände dazu bewegen können, aufs Rad umzusteigen. Zudem wird das Radeln für ältere oder weniger fitte Menschen leichter.

Aber sind die noch recht neuen Produkte auch technisch ausgereift? Um das zu prüfen, haben die Tester nach eigenen Angaben nicht willkürlich Räder aus dem vielfältigen Angebot herausgepickt, sondern einen Mix gewählt, der repräsentativ für das größte Teilsegment des Gesamtmarktes ist. Geprüft wurden nur sogenannte Komfort-Räder – das sind solche mit einem tiefen Durchstieg. Sie machen rund 80 Prozent des Gesamtmarktes aus.

Beim Test sind Elektrofahrräder der Hersteller Leviatec, Kreidler, KTM, Sinus, Flyer, Top Velo, Fischer, Victoria und Raleigh durchgefallen. Bei fünf Rädern brachen im Belastungstest Rahmen, Lenker oder die Aufnahmen für die Hinterachse; drei Modelle wurden wegen mangelhafter Bremsen abgewertet. Ein Elektrorad sendete so starke elektromagnetische Störwellen aus, dass damit die – lebenswichtigen – Funkdienste von Polizei und Feuerwehr massiv gestört werden können.

Billig geht gar nicht

Die Modelle von Pegasus und Kalkhoff überschritten den elektromagnetischen Grenzwert ebenfalls geringfügig; dennoch erhielten sie die Testnote „ausreichend“. Lediglich zwei Modelle (E-Courier SX von Stevens und Obra RT von Kettler) erhielten das Testurteil „gut“.

Auffällig war zudem: Alle Räder waren in punkto Fahrverhalten „gut“ bis „befriedigend“, und in den meisten Fällen lag die Batterie-Reichweite bei 50 und mehr Kilometern. Problematisch war in einigen Fällen die lange Aufladezeit der Fahrradbatterie, die den Motor antreibt.

Qualität hat auch ihren Preis. Sämtliche Modelle, die mit „gut“, „befriedigend“ oder „ausreichend“ abschnitten, kosteten deutlich mehr als 2.000 Euro. Mangelhaft waren dagegen sowohl teure als auch billige Räder. Anders gesagt: Räder unter 1.500 Euro fielen durch.

Für interessierte Verbraucher sei die Situation nicht einfach, sagte Holger Brackemann von der Stiftung Warentest. Im Laden könne man die Qualität kaum beurteilen. „Auf jeden Fall sollte man die Finger von Billigprodukten um 1.000 Euro lassen und darauf achten, dass bei dem Rad Hydraulikbremsen verbaut sind.“ Bei Schäden innerhalb der Gewährleistungfrist von zwei Jahren könne der Verbraucher Nachbesserung oder Rückzahlung des Kaufpreises verlangen. Zudem seien die Hersteller zehn Jahre schadenersatzpflichtig, falls ein Radler aufgrund von Bruch oder mangelnder Bremswirkung zu Schaden komme.

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