Steinbrück bei Thyssen-Krupp: Einfach kein glückliches Händchen

SPD-Kanzlerkandidat soll für Thyssen-Krupp seinen Einfluss zweifelhaft genutzt haben. Fehlinvestitionen des Konzerns bekam er hingegen nicht mit.

War oft unwissend: Peer Steinbrück bei Thyssen-Krupp. Bild: dapd

BOCHUM taz | SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gerät wegen einer seiner Nebentätigkeiten erneut in die Kritik. Als Aufsichtsrat von ThyssenKrupp habe er dem Essener Stahlkonzern „Gefälligkeiten“ angeboten, titelt das Handelsblatt – und zitiert aus einem internen Protokoll des Aufsichtsrats.

Danach kritisierte ein Arbeitnehmervertreter in der Sitzung vom 31. Januar 2012 zu hohe Stromkosten der Industrie. „Wenn aus dem Kreis des Aufsichtsrats eine Initiative ergriffen werde, sei er gerne zur politischen Unterstützung bereit“, habe Steinbrück darauf geantwortet. Bereits am 6. Februar habe der Bundestagsabgeordnete beim Jahresempfang der IHK Rheinhessen dann gemahnt, die Politik müsse „Weichenstellungen“ für eine „einigermaßen preisgünstige Energieversorgung“ vornehmen.

Steinbrück war von Anfang 2010 bis Ende 2012 Aufsichtsrat von ThyssenKrupp. Nominiert wurde er von der Alfred Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. Laut Geschäftsbericht erhielt Steinbrück für seine Tätigkeit insgesamt 170.695 Euro. Trotzdem nahm er an Sitzungen des Kontrollgremiums auffallend häufig nicht teil. In den Berichtsperioden 2010/11 und 2011/12 fehlte er an zwei von fünf Sitzungen, bestätigt sein Sprecher Michael Donnermeyer. Grund seien „Terminkollisionen“ wegen Steinbrücks Bundestagsmandat gewesen.

Zu den Vorwürfen, der Sozialdemokrat habe versucht, seinen politischen Einfluss zugunsten des Konzerns geltend zu machen, wollte der Sprecher keine Stellung nehmen: Weil das Aufsichtsratsmandat zur Verschwiegenheit verpflichte, sei dies rechtlich nicht möglich.

ThyssenKrupp steckt aktuell in der tiefsten Krise seiner bis weit in das 19. Jahrhundert zurückreichenden Geschichte. Wegen Fehlinvestitionen in Brasilien und den USA musste der Konzern im vergangenen Jahr Verluste in Milliardenhöhe verbuchen. Vonseiten der Union war Aufsichtsrat Steinbrück deshalb bereits Mitte Dezember kritisiert worden: Zu den „massiven Problemen“ ThyssenKrupps sei von ihm nichts zu hören, sagte CDU/CSU-Bundestagsfraktionsvize Michael Fuchs – und fragte: „Kann jemand Deutschland lenken, der 5 Milliarden Euro Verlust nicht erkennt?

Auffälig oft Vertreten

Dabei war Steinbrück als Aufsichtsrat nicht zum ersten Mal unwissend: Auch bei Sitzungen des Kontrollgremiums der einstigen Landesbank WestLB, dem Steinbrück als ehemaliger Finanzminister Nordrhein-Westfalens angehörte, ließ er sich auffallend oft vertreten – und bekam von Fehlspekulationen nichts mit. Die Abwicklung der WestLB könnte das Land bis zu 9 Milliarden und den Bund bis zu 3 Milliarden Euro kosten.

Für seine Rolle bei ThyssenKrupp bekommt Steinbrück dagegen Unterstützung von Gewerkschaftern. Im Ruhrgebiet kursieren seit längerem Gerüchte, Konzernchef Heinrich Hiesinger verliere das Interesse am Stahl. Damit wären in Duisburg rund 20.000, in Bochum rund 3.000 Arbeitsplätze bedroht. „In energieintensiver Industrie wie der Stahl- und Aluminiumproduktion brauchen wir günstigen Strom“, sagt deshalb die Chefin der Bochumer IG Metall, Eva Kerkemeier: „Ein Vertreter der IG Metall hätte wahrscheinlich nicht anders argumentiert als Steinbrück.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.