Start der Deutschen Eishockey-Liga: Begründeter Größenwahn

Gepäppelt mit Brause-Millionen aus Salzburg schickt sich der EHC München an, zur ganz großen Nummer im deutschen Eishockey zu werden.

„Wir wollen etwas Spezielles erschaffen.“ Pierre Pagé, Schöpfer Münchner Eishockeyfantasien. Bild: dpa

MÜNCHEN/KÖLN taz | Eishockeytrainer Pierre Pagé (65) ist lange im Geschäft. Er weiß nicht nur, wie man die Pucks am günstigsten zischen lässt, sondern auch, wie man Schlagzeilen macht. Jedenfalls feuerte der neue Coach des EHC Limo München* schon den ganzen Sommer über griffige Phrasen in die Welt.

Einen „Messi für das deutsche Eishockey“ will der Frankokanadier im Nachwuchs entwickeln, das verkündete er gleich nach seinem Amtsantritt beim EHC im Juni – und: „Was die Welt des Eishockeys in den nächsten Jahren betrifft, wird sich in München ereignen.“ In den Tagen vor dem Start der DEL-Saison am Freitag (München spielt um 19.30 Uhr gegen Hamburg) legte Pagé kräftig nach: „Wir wollen etwas Spezielles erschaffen, auf das das deutsche Eishockey stolz sein kann“, sagte er.

Unter normalen Umständen würde man einem Trainer, der den Mund so voll nimmt, Größenwahn unterstellen. Doch die Umstände sind in diesem Fall nicht normal. Pagé steht sehr viel Geld zur Verfügung. Denn im Mai übernahm der österreichische Milliardär Dietrich Mateschitz mit seinem Koffeinbrausekonzern alle Gesellschafteranteile am EHC. Geschätzte 13 Millionen Euro investiert der steinreiche Sportsfreund in der ersten Saison ins Münchner Eishockey; ungefähr 6 Millionen beträgt der Spieleretat, womit München auf Anhieb etablierte Kräfte wie Meister Berlin, Mannheim oder Köln hinter sich gelassen hat, die 4 bis 5 Millionen Euro für Spieler ausgeben können.

Die 1967 erbaute Münchner Eissporthalle im Olympiapark wurde bereits kosmetisch modernisiert, mittelfristig soll eine Multifunktionshalle gebaut werden, in der auch die Münchner Basketballer spielen können. Um den Messi auf Kufen zu finden, wird im nächsten Sommer in der Nähe von Salzburg eine Eishockey-Akademie eröffnet, an der sich auch München beteiligt.

Zudem hat Pagé hinlänglich bewiesen, dass er nicht nur reden, sondern auch gute Teams aufbauen kann. Von 2002 bis 2007 war er Coach der Eisbären, gewann zwei Meisterschaften und legte den Grundstein für das Erfolgsmodell des Hauptstadtklubs: Pagé brachte reihenweise einheimische Nachwuchsprofis hervor, die allesamt Nationalspieler wurden, und kombinierte den nationalen Stamm mit einer Schar außergewöhnlich starker ausländischer Profis.

Erfahrener Brause-Mitarbeiter

Pagé ist kein Neuling in Mateschitz’ Brausewelt. Von 2008 bis zum Ende der vergangenen Saison war er als Coach in Salzburg schon für die Limobrauer tätig. Zwei Meisterschaften gewann er dort und wurde Mateschitz’ persönlicher Mentor in Sachen Pucksport. Der Österreicher vertraut dem Trainer, er darf in München schalten und walten, wie er will. Und das tut er auch.

Aus dem alten Münchner Team, das in der vergangenen Spielzeit als trauriger Hinterbänkler der Liga Tabellenplatz 12 belegte, durften sechs Spieler bleiben. 21 neue Profis holte Pagé dazu, darunter auch ein paar Nachwuchskräfte, und stellte einen mit 29 Mann ungewöhnlich großen Kader zusammen.

Dem Trainer gefällt das, denn er will durch Konkurrenzkampf im Team die Leistung fördern. Als Testspielgegner wählte er in der Vorbereitung starke Mannschaften aus der Schweiz, Russland und Tschechien. Nur zwei von acht Spielen gewann der EHC, und Pagé räumte ein, dass sich die Mannschaft noch nicht gefunden habe. Dennoch hält er es für angebracht, schon in seinem ersten Jahr in München das Saisonziel deutsche Meisterschaft auszugeben – denn: „Wenn du nicht davon sprichst, hast du Angst davor.“

* Der offizielle Name des Klubs wird an dieser Stelle nicht genannt. Der Sportteil der taz lässt sich nicht zum Abwurfplatz für unbezahlte Werbung machen.

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