Stadtentwicklung: Der Krach spielt keine Rolle

Planungen des ersten Bauabschnitts der Neuen Mitte Altona gehen voran. Mängel im Lärmgutachten könnten Verfahren noch stoppen.

Baugebiet direkt an den Bahngleisen: Oberbaudirektor Jörn Walter (li.) und Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) vor dem Plan. Bild: dpa

HAMBURG taz | Im dem Gebiet, wo die Züge auf dem Viadukt nach Altona fahren, ist es laut. Vielleicht zu laut, um dort überhaupt zu wohnen, vermutet der Stadtplaner Mario Bloem. Wissen kann er das nicht – und das ist ein Teil des Problems. Denn die Stadt hat versäumt, die tatsächliche Lärmbelastung dort zu messen, wo ab nächstes Jahr im ersten Bauabschnitt rund 1.600 Wohnungen gebaut werden sollen.

Ein Mangel, der nach Bloems Einschätzung „möglicherweise so gravierend ist, dass er das laufende Bebauungsplanverfahren für die Neue Mitte Altona noch stoppen könnte“. Seine Bedenken hat der Stadtplaner, der sich in den letzten Jahren immer wieder mit Vorschlägen in das Verfahren eingebracht und das Koordinierungsgremium beraten hat, nun der Stadtentwicklungsbehörde geschickt. Am gestrigen Dienstag lief die Frist ab, in der BürgerInnen Einwendungen gegen den Bebauungsplan einreichen konnten.

Eigentlich will die Stadt auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Altona in zwei Bauabschnitten rund 3.600 Wohnungen bauen lassen. Während die Pläne des ersten Abschnitts an der Harkortstraße durch das Lärmproblem infrage gestellt werden, ist unklar, ob der zweite Abschnitt je gebaut wird. Denn die Bahn hat die Entscheidung, ob sie ihren Fernbahnhof zum Diebsteich verlegt, gerade wieder verschoben.

Nach dem Lärmgutachten der Stadt ist es im ersten Bauabschnitt zur Stresemannstraße hin schon jetzt gesundheitsschädlich laut. Die Bundesimmissionsschutzverordnung schreibt Grenzwerte für den Lärm vor, die eingehalten werden müssen. In einem Wohngebiet liegen diese bei 55 Dezibel (dB(A)) am Tag – und 40 in der Nacht. In der Nacht darf der Wert bei einzelnen Ereignissen maximal um zehn dB(A) überschritten werden.

„Wenn man ein neues Baugebiet plant, muss man gucken, dass das gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse hat“, sagt Bloem. Sonst dürfe man kein Wohngebiet planen, sondern müsse aus dem Areal ein Gewerbegebiet machen. Der Stadtplaner bemängelt, dass das Lärmgutachten nicht auf Messungen, sondern nur auf prognostizierten Werten beruht und wirft der Stadt vor, „die bestehende Situation schöngerechnet“ zu haben.

Volker Dumann, der Sprecher der Stadtentwicklungsbehörde, hält dagegen: „Es ist nicht möglich, heute die zukünftigen Lärmbelastungen durch den Schienenverkehr vor dem Fenster einer Wohnung im Baugebiet der Mitte Altona zu messen, da es den Immissionsort, das Fenster der Wohnung, und eine möglicherweise umgebende Bebauung mit lärmabschirmender Wirkung noch gar nicht gibt.“

Bloem fordert ein ein zweites, unabhängiges Gutachten, bei dem der Lärm gemessen und nicht nur berechnet wird. Außerdem sei eine Lärmschutzwand fällig. Die Stadtentwicklungsbehörde verweist dagegen auf den geplanten passiven Lärmschutz. An den Wohngebäuden seien spezielle Schallschutzfenster vorgesehen.

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