Spielfilm „Félicité“ auf der Berlinale: Fleisch und Traum

Alain Gomis nimmt sich die Freiheit. Und so verliert sich und findet sich sein Spielfilm „Félicité“ in den Straßen Kinshasas wieder.

Frau am Mikrofon, singend und einen Arm vorstreckend

Véro Tshanda Beya, in der Rolle der Sängerin Félicité Foto: Andolfi

Was man Regisseur Alain Gomis wirklich anrechnen muss, ist die Freiheit, die er sich beim Drehen von „Félicité“ genommen hat: Auf den Straßen Kinshasas, der Zehn-Millionen-Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, folgt er zwar in der Regel den drei Charakteren, um die sich diese Geschichte dreht, aber immer wieder lässt er von ihnen ab, und dann darf der Film sich auch anderen, zufälligeren Beobachtungen überlassen.

Es fällt nicht schwer, sich mit dieser Kamera (Céline ­Bozon) zu identifizieren, die eben manches Mal genauso von dem Gewusel dieser Öffentlichkeit überfordert scheint wie alle anderen auch.

So ist es dann auch kein Zufall, dass sich das Drama von „Félicité“ auf ebendiesen dicht bevölkerten Staubstraßen ereignen muss: Der Sohn der Sängerin Félicité (Véro Tshanda Beya), Samo (Gaetan Claudia), verunglückt mit einem Motorrad. Er kommt zwar mit dem Leben davon, allerdings nicht ohne erhebliche Schäden, schnellstmöglich müsste er operiert werden.

Eher zwischengeparkt, als versorgt

Doch als Félicité die Krankenstation betritt und den Verletzten in den Blick nimmt, wird klar, dass es Schwierigkeiten geben wird. Dies ist kein modernes Krankenhaus, und Samo wirkt eher zwischengeparkt als in guten Händen. Obendrein drehen sich die Gespräche recht bald um Geld, viel Geld, das Félicité für die Behandlung aufbringen muss.

Folglich gestaltet sich die erste Hälfte des Films als tunnel­artiger Kampf, den Félicité aufnimmt. Sie klingelt an Türen, fleht, einige ihrer Bandkollegen spenden. Einigermaßen streng funktioniert dieser Teil, obschon er gelegentlich von kräftigen Musikstücken (Félicité singt in einer Art halb offenem Nachtclub) unterbrochen, eigentlich eher befeuert wird.

Die andere Hälfte nun (wie man zu ihr gelangt, soll an dieser Stelle unerwähnt bleiben) ist traumartig, neben Félicité und Samo rückt auch Tabu (Papi Mpaka) in den Fokus, der eigentlich nur einen Kühlschrank reparieren sollte. Alain Gomis gibt sich fortan Bewegungen mit größeren Schwingungen hin, so sehr, dass man manchmal fürchten muss, „Félicité“ fliege gleich aus der Kurve.

„Félicité“ interessiert sich stark für das Leben, für Blut und Stimmen und Dekolletés

Dass dies nicht geschieht, liegt an den besonderen Fäden, welche den Film dennoch zusammenhalten, gesprochener Poesie etwa. „Félicité“ ist reichhaltig und interessiert sich stark für das Leben, für Blut und Stimmen und Dekolletés. Fleisch und Traum, das alles ist hier ganz nah beieinander.

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