Sotschi 2014 – Snowboard, Halfpipe: Vom Brett auf die Bühne

Snowboard-Star Shaun White will auch als Band-Gitarrist erfolgreich sein. Dafür macht er Mainstream-Musik und nutzt seine Prominenz.

Shaun White in Sotschi: durch die Halfpipe zu den eigenen Klängen. Bild: dpa

Sein Handgelenk hat sich Shaun White beim Training auf dem Slopestyle-Kurs lädiert. Eigentlich kein großes Handicap für den 27-Jährigen, der in Sotschi ursprünglich zwei Goldmedaillen gewinnen wollte, dann aber erklärte, auf Slopestyle zu verzichten und sich ganz auf das dritte Gold in der Halfpipe konzentrieren zu wollen.

Zum größeren Problem für White könnte die Verletzung allerdings nach den Olympischen Spielen werden. Dann nämlich wird aus den Snowboarder Shaun White erst einmal der Musiker Shaun White. Um auf einem Snowboard zu stehen, braucht man seine Hände nicht zwingend. Um eine Gitarre fachgerecht zu bedienen schon.

Kurz vor den Olympischen Spielen, die die größte Stunde des Sportlers White werden sollen, ist das erste Album der Bad Things erschienen, der Band des Musikers White. Das schlicht „Bad Things“ betitelte Debüt, soll nach Sotschi endlich angemessen beworben werden. Bad Things werden auf Promo-Tour gehen und die Band darf aufgrund der Prominenz ihres Gitarristen mit einem erstaunlich großen Interesse rechnen. Ein Interesse, das nie wieder so groß sein dürfte wie während und nach den Spielen von Sotschi.

Ursprünglich sollte das Album bereits im Oktober veröffentlicht werden, wurde dann aber verschoben. Der Grund, so wurde kolportiert, war Whites Vorbereitung auf Olympia, das intensive Training habe ihm keine Zeit gelassen. Man darf aber wohl auch annehmen, dass sich die Verantwortlichen des Entertainmentkonzerns, der die Bad Things unter Vertrag genommen hat, den einen oder anderen Synergieeffekt erhoffen.

Angekommen im Mainstream

Tatsächlich kann man sich gut vorstellen, wie die DJs die Schneebars in Krasnaja Poljana mit den Songs der Bad Things beschallen. Denn das Album klingt ungefähr so, wie man es erwarten darf von einer Band, in der der wohl beste Snowboarder aller Zeiten Gitarre spielt: Flotter Gitarren-Rock, der als kleinster gemeinsamer Nenner in der Skate- und Boarder-Szene durchgehen könnte.

Denn traditionell wird in dieser Szene von Skatepunk über Hardcore-HipHop bis zu Death Metal zwar extremeren Spielarten verschiedener Genres gehuldigt. Doch die Subkultur-Zeiten sind vorbei, Skaten und vor allem Snowboarden längst im Mainstream angekommen. Dafür ist nicht zuletzt Shaun White verantwortlich und „Bad Things“ trägt dem Rechnung.

Immer wieder tauchen harte Gitarren-Riffs auf wie eine Mahnung an Tage, die für immer vergangen sind. Doch jede unbotmäßige Härte wird marginalisiert durch die gnadenlos eingängigen Melodien, die Sänger David DeLuke vorträgt, nicht selten unterstützt von schmucken Harmoniegesängen vom Rest der Band. Bisweilen gesellt sich sogar die Stimme von Schlagzeugerin Lena Zawaideh zu DeLuke, dann singen die beiden ein zünftiges Duett.

Das alles ist handwerklich sauber, in manchen Momenten wie dem Eröffnungssong „Anybody“ sogar durchaus mitreißend, generell aber nicht allzu aufregend und schon gar nicht innovativ. Die Band hat sicherlich ein Gespür für populistische Tonfolgen, aber übertreibt es in letzter Konsequenz mit dem Pathos.

Die ersten Reaktionen im Internet lassen sich dann auch so zusammenfassen: Netter Versuch, Shaun, aber bleib mal besser beim Snowboarden. Der Sport allerdings, so die Ironie der Geschichte, ist dafür verantwortlich, dass White zur Musik gefunden hat. Denn seine erste Gitarre gewann er bei einem Halfpipe-Wettbewerb.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.