Solidarität in der Eurogruppe: Steuer für Börsengeschäfte kommt

Der neue Eurogruppen-Chef Dijsselbloem gibt sich als Sozialdemokrat. Brüssel wird die Finanztransaktionssteuer beschließen – aber nicht für alle Euro-Länder.

Der alte und der neue Eurogruppen-Chef: Jean-Claude Juncker (l.) und Jeroen Dijsselbloem. Bild: dapd

BRÜSSEL dapd/afp/dpa | Seit Jahren wird um eine Steuer auf Finanztransaktionen gerungen – nun macht die EU ernst. Am Dienstag wollen elf Länder, darunter Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien, die Steuer einführen. Die Abgabe ist umstritten. Kritiker fürchten, dass europäische Finanzplätze beeinträchtigt werden und Geschäft verloren geht. Großbritannien und Schweden hatten sich äußerst kritisch gegenüber dem Vorstoß gezeigt und ziehen nicht mit.

Derweil hat der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem die Führung der Eurogruppe übernommen. Die Euro-Finanzminister wählten den 46-jährigen Sozialdemokraten an die Spitze des Gremiums, wie der scheidende Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker am Montagabend in Brüssel mitteilte. Auch Frankreichs Ressortchef Pierre Moscovici gab seine Verzögerungstaktik auf, lediglich der spanische Vertreter Luis de Guindos stimmte gegen Dijsselbloem.

De Guindos brachte damit seinen Verdruss zum Ausdruck, dass fast alle Schlüsselämter der Eurozone – von Sparkommissar Olli Rehn bis zum ESM-Boss Klaus Regling – von Vertretern aus AAA-Ländern besetzt werden. Allerdings erhielt der Niederländer nicht die ungeteilte Unterstützung, da Spanien nicht für Dijsselbloem stimmte.

Mit Junckers Abschied von der Spitze der Eurogruppe geht eine Ära zuende. Der luxemburgische Regierungschef hatte den Vorsitz über das wichtigste Gremium der Eurozone acht Jahre lang inne, in dieser Zeit wurden die Hilfspakete für Griechenland, Irland, Portugal und Spanien geschnürt und der ständige Euro-Rettungsfonds ESM aus der Taufe gehoben. Juncker will sich in Zukunft auf sein Amt als Regierungschef konzentrieren.

Mit Verstand und Herz

„Man wird mit einigem Abstand erst sehen, was dieser Mann für Europa und die Eurogruppe in diesen Jahren geleistet hat“, würdigte Schäuble die Arbeit Junckers, „und mit welchem großem und immer wieder unermüdlichem Engagement für Europa er sich eingesetzt hat, um gemeinsame Lösungen zustande zu bringen.“ Juncker habe die Eurogruppe mit „seinem Verstand und seinem Herzen“ geleitet, sagte Dijsselbloem.

Der frisch Gekürte wehrte sich gegen die Unterstellung, das Spardiktat der solventen Nordländer noch strenger machen zu wollen: „Eine Spaltung zwischen Nord und Süd wird bestimmt nicht mein Ansatz sein“, sagte er am Montagabend. Schließlich sei er ein Sozialdemokrat – Sparsamkeit und Solidarität müssten sich nicht ausschließen. Es werde unter seiner Führung eine Debatte geben über das Tempo, mit dem konsolidiert werden müsse.

Für Juncker war es das letzte Treffen als Strippenzieher der Eurokrise. „Da ist ein bisschen Wehmut dabei, aber vor allem Erleichterung“, sagte der 58-Jährige. Seine letzten Worte im Amt galten den Griechen, Portugiesen und Iren, die für die Rettungsprogramme Enormes leisteten. „Ich wünsche mir, dass sie belohnt werden“, sagte Juncker, und drückte seinem Nachfolger ein Küsschen auf die Wange.

Einführung im kleinen Kreis

Am Dienstag soll in Brüssel die künftige Zwangsabgabe für Börsengeschäfte auf den Weg gebracht werden. Weil viele Staaten sich der Initiative verweigert haben, möchten die großen Euro-Länder Deutschland und Frankreich sowie neun andere Länder die Finanzsteuer nun im kleinen Kreis einführen und von der Europäischen Kommission einen konkreten Gesetzesvorschlag einfordern. Dieser könne „relativ zügig“ folgen, hieß es am Montag aus EU-Diplomatenkreisen.

Die Transaktionssteuer betrifft zwar theoretisch nicht nur die Eurozone, sondern alle 27 EU-Staaten. Doch einige Regierungen fürchten geschäftsschädigende Auswirkungen und negative Folgen für wichtige Finanzplätze. Vor allem Großbritannien und Schweden haben immer wieder vehement gegen die geplante Abgabe opponiert. Die EU-Kommission will den Finanzsektor dagegen an der Krisenrechnung beteiligen und erhofft sich zweistellige Milliardeneinnahmen.

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