Skandal um neues Bargeld: Liberia sucht die 16 Milliarden

Container voller neuer Geldscheine sollen nach der Einfuhr in Liberia spurlos verschwunden sein. Die neue Regierung bezichtigt ihre Vorgänger.

Geldbündel auf einem Tresen

Geldscheine in Liberias Hauptstadt: Die einen haben zuwenig, die anderen zuviel Foto: reuters

BERLIN taz | Gewissermaßen ist es ein Fortschritt: Früher machte das westafrikanische Liberia mit Kriegshorror von sich reden, heute mit einer Räuberpistole. Neue Geldscheine mit einem Nennwert von 16 Milliarden liberianischen Dollar, umgerechnet 88 Millionen Euro, sind spurlos verschwunden.

Mehrere Container voller neuer, im Ausland gedruckter Noten wurden, so Liberias Justizministerium, zwischen November 2017 und August 2018 am Hafen und Flughafen der Hauptstadt Monrovia angeliefert und seitdem nicht mehr gesehen.

Die genannte Summe ist fast exakt so viel wie der gesamte Bargeldumlauf in Liberia, dessen Bruttoinlandsprodukt mit rund zwei Milliarden Euro etwa so hoch ist wie die jährlichen Gewerbesteuereinnahmen von Frankfurt am Main.

Laut der Zeitung Front Page Africa wurde der Großteil des Geldes Ende März angeliefert und von der Zentralbank entgegengenommen. In der Zentralbank kam es nie an.

In Liberia war Ende 2017 der ehemalige Fußballstar George Weah, Anwalt der Slumbevölkerung, zum Präsidenten gewählt worden. Er übernahm im Januar das Amt von Ellen Johnson-Sirleaf, international als Friedensnobelpreisträgerin gefeiert, in der Heimat als abgehoben kritisiert.

Die Affäre macht deutlich, wie mysteriös Liberias Wirtschaft bleibt. Das bitterarme Land war einst Briefkastenheimat der größten Billigschiffsflotte der Welt und bleibt Zentrum du­bio­ser Geschäfte.

Bestellt wurden die Scheine angeblich von der alten Regierung – die neue beteuert, sie habe davon nie erfahren. Haben also Vertreter der Ära Johnson-Sirleaf nach ihrem Machtverlust das neue Geld einfach heimlich eingesteckt?

Was wusste Zentralbankchef Milton Weeks, der im Juli zurücktrat? Oder dessen Stellvertreter Charles Sirleaf, Sohn der Ex-Präsidentin, nach wie vor im Amt?

Mitte September verhängte die Regierung gegen beide ein Ausreiseverbot. Vergangene Woche wurde das auf 35 Personen erweitert, in diesen Tagen kommen die ersten davon vor Gericht.

Im Land wird das alles gebannt verfolgt. „Bring Our Container Back“ singt in einem populären Musikvideo Rapmusiker Kpanto. Der Titel erinnert an Nigerias Anti-Boko-Haram-Kampagne „Bring Back Our Girls“.

Die Affäre macht deutlich, wie mysteriös Liberias Wirtschaft bleibt. Das bitterarme Land war einst Briefkastenheimat der größten Billigschiffsflotte der Welt und bleibt Zentrum du­bio­ser Geschäfte. Lokale Zeitungen mutmaßen, die Zentralbank betreibe Geldwäsche – für wen, darüber wird spekuliert.

Schon fragen manche, ob das verschwundene Geld je wirklich existiert hat. Die Regierung nennt als Druckorte den Libanon und China. Johnson-Sirleaf sagt, sie habe Geld nur in Schweden drucken lassen. „Es gibt keine fehlenden Container“, behauptet der inkriminierte Ex-Zentralbankchef Weeks.

Real sind andere Dinge: dass endlich Untersuchungen in Liberias Misswirtschaft starten; und dass nach wie vor die meisten Libe­rianer gar kein Geld haben.

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