Skandal-Altenheim nicht überm Berg: Aufnahmestopp bleibt bestehen

Auch wenn laut Sozialbehörde keine „akute Gefahr“ mehr besteht, dürfen vorerst keine neuen BewohnerInnen in die „Seniorenresidenz Kirchhuchting“ einziehen.

Macht von außen gar keinen schlechten Eindruck: Seniorenresidenz Kirchhuchting Foto: Carmen Jaspersen/dpa

BREMEN taz | Bestnoten für seine Pflegeeinrichtungen präsentiert der Altenheim-Betreiber Curata auf seiner Homepage, vergeben im Jahr 2012 vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Dass die „Residenz Kirchhuchting“ hier fehlt, mag an der Inaktualität liegen, aber: Auch in der Standortliste der Curata-Altenheime taucht das Bremer Pflegeheim nicht auf – mit gutem Grund.

Denn obwohl die Düsseldorfer Betreiberin von bundesweit 18 Einrichtungen schon vor über drei Monaten die „Residenz“ übernommen hat, erfüllt sie noch immer nicht die Auflagen der Sozialbehörde und darf nach wie vor keine neuen BewohnerInnen aufnehmen.

In letzter Sekunde konnte im vergangenen Dezember die Schließung des Altenheims abgewendet werden. Dem damaligen Betreiber „Mediko“ war der Weiterbetrieb wegen schwerer Pflegemängel untersagt worden (taz berichtete). Nach Protesten einiger HeimbewohnerInnen gegen die angekündigte Schließung und dem Angebot der „Curata“, das Seniorenheim zu übernehmen, hatte die Sozialbehörde schließlich zugestimmt, es mit einem neuen Betreiber zu versuchen – und kontrolliert seither durch die bei ihr angesiedelte Heimaufsicht engmaschig das Geschehen in Kirchhuchting.

Mit ernüchterndem Ergebnis, wie Radio Bremen am gestrigen Mittwoch meldete: Nach wie vor sei die Dokumentation mangelhaft, viele LeiharbeiterInnen seien in der Einrichtung beschäftigt, die Fluktuation des Personals sei hoch. Letzteres war bereits beim alten Betreiber der Hauptgrund für die Missstände: Durch ständigen Personalwechsel war eine lückenlose Pflegedokumentation und das zuverlässige Führen von Ess- und Trinkprotokollen kaum möglich. Ein Pfleger hatte der taz von der Vergabe falscher Medikamente und von Austrocknung und Unterernährung von BewohnerInnen berichtet. In die Trink- und Essprotokolle sei „am Ende des Tages irgendetwas hineingeschrieben“ worden.

So schlimm scheint es nicht mehr zu sein: Es bestünde keine akute Gefahr mehr für die BewohnerInnen und der Personalschlüssel sei verbessert worden, heißt es aus der Sozialbehörde. Gleichwohl werde der bereits im letzten Jahr verhängte Aufnahmestopp noch nicht wieder aufgehoben: „Nur ein Kernbestand an Personal trägt eine Einrichtung, und den gibt es noch nicht“, sagt David Lukaßen, Sprecher der Sozialsenatorin.

Finanziell wäre für die Curata ein Ende des Aufnahmestopps wichtig, denn rentabel lässt sich ein unterdurchschnittlich belegtes Altenheim auf Dauer nicht betreiben. Eine Warteliste potenzieller BewohnerInnen gibt es bereits.

Ob allen dieser SeniorInnen bewusst ist, dass sie sich nicht gerade auf das erste Haus am Platz beworben haben, bezweifelt Reinhard Leopold, Gründer der Bremer Angehörigeninitiative „Heim-Mitwirkung“: „MDK-Benotungen sagen gar nichts aus und auf Internet-Bewertungsportalen sind die Ergebnisse nicht verifizierbar.“

David Lukaßen, Sprecher der Sozialsenatorin

„Nur ein Kernbestand an Personal trägt eine Einrichtung – und den gibt es noch nicht“

Eigentlich, sagt er, sei die Heimaufsicht nach dem 2010 verabschiedeten bremischen Wohn- und Betreuungsgesetz dazu verpflichtet, die Ergebnisse ihrer Kontrollen für jedermann einsehbar zu veröffentlichen: „Das wäre sehr gut als Orientierung – bloß findet sich nirgends ein solcher Bericht.“

Eine Veröffentlichung, sagt dazu Lukaßen, setze eine entsprechende Vereinbarung mit den Verbänden der Altenheim-Träger voraus: „Und darauf hatten wir 2010 auch gehofft.“ Allerdings sei die bis heute nicht zustande gekommen.

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