Sicherheitsdienst attackiert Asylsuchende: Gewalt in Hamburger Flüchtlingsheim

In einer Hamburger Flüchtlingsunterkunft sollen muslimische Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes christliche Flüchtlinge attackiert haben.

Kein Einzelfall: In Flüchtlingsunterkünften gibt es öfter Probleme mit Gewalt. Bild: dpa

HAMBURG taz | Flüchtlinge, die in Hamburg ankommen, landen zunächst in einer Erstaufnahme-Einrichtung. Eine davon befindet sich am Rand des Volksparks: Die Flüchtlinge dort leben auf engstem Raum, sie schlafen mitunter nicht mal mehr in Containern, sondern in Großraumzelten und können nicht in Folgeunterkünfte gebracht werden, weil die Stadt Hamburg zu wenig davon hat.

Mitunter müssen auch Frauen und Kinder längerfristig in den Großraumzelten schlafen. Das bringt Konflikte mit sich. Konflikte aus religiösen Gründen habe es jedoch unter den Bewohnern in den vergangenen Monaten nicht gegeben, teilt der Senat mit. Das ist die gute Nachricht.

Die schlechte Nachricht ist, dass es im Herbst 2013 in der Einrichtung am Volkspark zu Auseinandersetzungen zwischen christlichen Flüchtlingen und muslimischen Mitarbeitern des dortigen Sicherheitsdienstes gekommen ist.

Der Polizei liegen drei Anzeigen wegen Körperverletzung und eine wegen Bedrohung vor. Wie die Vorwürfe genau lauten, ist nicht zu erfahren: „Das wird gerade durchermittelt und dann der Staatsanwaltschaft übergeben“, heißt es bei der Hamburger Polizei. Zu laufenden Ermittlungsverfahren gebe man keine Auskunft.

Die Flüchtlingsunterkunft am Hamburger Volkspark ist eine von drei Außenstellen der Hamburger Zentralen Erstaufnahme (ZEA). Das Haupthaus der ZEA ist in Hamburg-Harburg.

Der Senat rechnet für 2014 mit mehr als 5.000 Asylsuchenden. Anfang 2012 hielt die Stadt 270 Plätze in der Erstaufnahme vor.

Die Unterkunft am Volkspark soll auf 1.200 Plätze in Containern aufgestockt werden. Zudem leben rund 200 Flüchtlinge in Großzelten.

Organisiert wird die Erstaufnahme vom stadteigenen Unternehmen "Fördern und Wohnen". Dieses achtet bei der Zimmerbelegung darauf, "dass nur Bewohner mit gleicher Religion und aus gleichem Kulturkreis zusammen untergebracht werden".

Unabhängig vom Ausgang der Ermittlungen hat die Stadt dem Sicherheitsdienst nach den Vorfällen gekündigt. Nicht nur die angezeigten Mitarbeiter, sondern das komplette Unternehmen wurde ausgetauscht.

Probleme mit Sicherheitsdiensten in Flüchtlingsheimen gibt es immer wieder. Im vergangenen Mai zeigte Günter Wallraff in einem Beitrag für RTL, wie mehrere Mitarbeiter der Firma Weko in der Erstaufnahme-Einrichtung Hamburg-Groß Borstel mit den Flüchtlingen vor Ort umgehen.

Ein Mitarbeiter im Waschraum will die Kleidung der Flüchtlinge nicht anfassen: „Das können die schön selber machen. (...) Das sollte man sowieso eigentlich nur mit Atemschutz oder so machen, damit man die Scheiße nicht einatmet. Wer weiß, was die alles drin haben in ihren Klamotten.“

Umgehend versetzt und abgemahnt

Eine Asylsuchende wird trotz eines Termins im Waschmaschinenraum minutenlang von einem Security-Mitarbeiter ignoriert. Als sie nachfragt, fährt sie der Mitarbeiter an: „Ich rede gerade, da brauchst du nicht dazwischenreden. Das ist unhöflich.“

Der Geschäftsführer des Sicherheitsdienstes Kay Kohlermann gab sich gegenüber dem NDR schockiert: Die Mitarbeiter seien umgehend versetzt und abgemahnt worden. Auf der Website des Unternehmens steht als Voraussetzung für Bewerber, diese müssten verstanden haben, „dass die Zufriedenheit des Kunden die Grundlage des Arbeitsplatzes“ sei.

Der Kunde ist in diesem Fall das stadteigene Unternehmen „Fördern und Wohnen“, dessen Zufriedenheit vor allem davon abhängt, ob es schlechte Presse gibt oder nicht – sprich, ob es einer der Flüchtlinge wagt, sich zu beschweren.

Zu erklären sind die Entgleisungen der Sicherheitsdienst-Mitarbeiter mit Frust bei der Arbeit: Der Job ist miserabel bezahlt, schlecht angesehen und stark hierarchisch strukturiert. „Wenn du links gerichtet bist – ein halbes Jahr später bist du rechts, wenn du hier arbeitest“, sagt einer der Mitarbeiter in Wallraffs Beitrag.

Der Fall der muslimischen Sicherheitsdienst-Mitarbeiter, die christliche Flüchtlinge attackiert haben sollen, hat noch eine weitere Dimension: Immer wieder gibt es Berichte, nach denen die religiös motivierten Konflikte im Nahen Osten hierzulande fortgeführt würden. Zuletzt berichtete Report München über orientalische Christen, die in drei Fällen in deutschen Asylunterkünften von islamistischen Mitbewohnern gemobbt worden seien.

Zahlen über solche Vorfälle gibt es keine, aber in Hamburg führte der Bericht dazu, dass zwei CDU-Abgeordnete eine Anfrage zum Thema Christendiskriminierung stellten. So kam der Fall vom Herbst 2013 ans Licht. Seitdem ist nach Kenntnis der Behörden nichts Ähnliches mehr passiert.

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