Sicherheit in Fußballstadien: Dialog über modifizierte Strafen

Die Deutsche Fußball-Liga stellt Maßnahmen gegen Gewalt in den Stadien vor. Präsident Rauball will sich Forderungen aus der Politik nicht beugen.

Stehen für die Stehplätze in Augsburg. Bild: reuters

FRANKFURT AM MAIN taz | Reinhard Rauball hat sehr nachdrücklich gesagt, was die Deutsche Fußball-Liga (DFL) nicht will: Nacktscanner oder elektronische Fußfesseln wie in einem Hochsicherheitstrakt.

Und keinesfalls möchte sich der Liga-Präsident, der zugleich dem Doublegewinner Borussia Dortmund vorsteht, der die größte Stehtribüne Europas seinen Stolz nennt, den populistischen Forderungen aus der Politik hingeben, die nach den nächsten Gewaltexzessen die Stehplätze abschaffen wollen. „Ich sage zum sechsten, sieben, achten und neunten Mal: Stehplätze gehören zur gelebten und historisch gewachsenen Fankultur: Es ist das Letzte, was wir aufgeben wollen“, beteuerte Rauball.

Und doch kann Handlungs- und Sanktionsbedarf nicht geleugnet werden, weshalb auf der Liga-Versammlung am Donnerstag fast zwei Stunden dafür aufgewendet wurden, um allen anwesenden 36 Klubvertretern ein 32-seitiges Strategiepapier unter der Prämisse „Sicheres Stadionerlebnis“ näherzubringen. Rauball versprach: „Wir setzen auf Deeskalation und Miteinander.“ Und was die Fans angeht: „Wir müssen mehr miteinander statt übereinander reden.“ Hehre Funktionärsworte, die aufseiten der Anhängerschaft auf den Prüfstand zu stellen sind.

Doch offenbar noch rechtzeitig hat die Liga-Spitze die Brisanz dieser Causa erkannt; spätestens seit der Innenministerkonferenz im Juli in Berlin mit dem Hardliner Hans-Peter Friedrich ist der politische Druck so groß, dass der deutsche Fußball eigene Lösung präsentieren muss.

Unter dem Vorsitz von Liga-Vizepräsident Peter Peters (FC Schalke) sind von Ansgar Schwenken (VfL Bochum), Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt), Michael Gerlinger (FC Bayern), Matthias Huber (VfB Stuttgart), Gernot Stenger (St. Pauli) und Christian Hockenjos (Borussia Dortmund) die neuen Vorschläge ausgearbeitet worden, zu denen sich die Vereine bis zum 22. Oktober äußern können. Verabschiedet werden sollen sie dann erst am 12. Dezember bei der nächsten Zusammenkunft der Mitglieder.

„Es sind Maßnahmen der Praktiker“, findet Peters. So werden eigene Vereinbarungen mit den Fanvertretern und Fanklubs verlangt, in denen auch der Verzicht auf Gewalt und auf Pyrotechnik festgeschrieben werden muss. Zudem droht den Ultra-Gruppierungen der Wegfall von Vergünstigungen, sollten sie vermehrt aus der Rolle fallen. Ordner sollen besser geschult und geprüft werden.

Es müssten auch die baulichen Voraussetzungen – Peters nannte das Beispiel der Videoüberwachung – geschaffen werden, um Gewalttäter besser in den Griff zu bekommen. Sollten sich Vereine in dieser Hinsicht sperren, so Peters, könne auch das Einbehalten von Fernsehgeldern greifen, „so etwas darf nicht am Geld scheitern“.

Die Thematik der Stadionverbote soll außerdem neu geregelt werden. Die DFL-Vertreter stellten klar, dass man die Sportgerichtsbarkeit des DFB nicht an sich reißen wolle. Doch könne es nicht sein, dass bei Fanverfehlungen die zuständigen Sportrichter nur die Wahl zwischen Geldstrafe, Teilausschluss der Zuschauer oder Geisterspiel habe. Mit dem DFB sei die DFL im fruchtbaren Dialog, diese Strafen besser zu modifizieren.

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