Sicherheitslage in Bremen: Großalarm ohne Terror

Aufgrund von Anschlagsdrohungen evakuierte Polizei in Bremen innerhalb eines Tages einen Supermarkt und ein Einkaufszentrum. In beiden Fällen gab es Entwarnung.

Waffe im Anschlag: Polizisten durchsuchen das Einkaufszentrum Weserpark, finden aber nichts Foto: Ingo Wagner (dpa)

BREMEN taz | Die Bremer Polizei hatte am Mittwoch alle Hände voll zu tun: Nachdem Unbekannte in einer Rewe-Filiale in der Neustadt angerufen und behauptet hatten, eine Bombe deponiert zu haben, evakuierten die Beamten den Supermarkt und sperrte das Gelände weiträumig ab. Nahezu zeitgleich musste sie weit in den Bremer Osten ausrücken: Im Einkaufs-Center „Weserpark“ in Osterholz vermutete sie einen 19-Jährigen, der aus einer Psychiatrie im Landkreis Diepholz abgehauen war und gedroht hatte: „Ich sprenge euch alle in die Luft.“

Die Bombendrohung in der Neustadt erwies sich als haltlos: Weder die PolizistInnen noch eingesetzte Spürhunde wurden fündig. Es gebe keinerlei Hinweise auf die anonymen Anrufer, die Ermittlungen dauerten an. „Möglicherweise hat sich da einfach jemand einen bösen Scherz erlaubt“, sagte Horst Göbel von der Bremer Polizei.

Bremer Polizei ging nicht von Terror-Gefahr aus

Konkretere Hintergründe schien der Großeinsatz in Osterholz zu haben: Der junge Mann, der aus einer psychiatrischen Klinik getürmt war, soll in der Einkaufs-Mall „Weserpark“ gesehen worden sein. Ein Sicherheitsbediensteter rief die Polizei, weil ihm ein Mann aufgefallen war, der sich „verdächtig verhielt“. Aufgrund der Beschreibung habe man vemutet, dass es sich um den Entwichenen handelte.

Nach der erfolglosen Durchsuchung des Einkaufszentrums durch ZivilpolizistInnen entschloss sich die Einsatzleitung, den 70.000-Quadratmeter-Komplex zu evakuieren: „Eine solche Entscheidung wägen Polizeiführer vor Ort ganz nüchtern ab“, sagt Göbel. „Sowohl in der Neustadt als auch in diesem Fall haben konkrete Drohungen im Raum gestanden.“ Von einer Terrorgefahr durch den 19-Jährigen sei die Bremer Polizei nicht ausgegangen, „sondern von einem psychisch Kranken, der sich und andere gefährdet.“

Das bestätigt die Polizei Diepholz, gleichwohl schrieb sie in ihrenMeldungen zum Hergang der Geschehnisse wiederholt, dass es sich bei dem Mann um einen Algerier handelt. Der habe zuvor „gegenüber der Polizei Äußerungen zu der Amoktat in München und dem IS-Terror getätigt“. Laut Weser-Kurier soll er „Sympathien für den militanten Islamismus und die Amoktat in München bekundet haben“.

Peter Zeglin von der Polizei Diepholz stellt das gegenüber der taz anders dar: „Er hat der Ärztin gegenüber wohl Äußerungen zur Amoktat in München getätigt, aber das mit dem IS ist Auslegungssache“, sagt er. Dass die diensthabende Ärztin das Entweichen des Mannes gemeldet hat, führt er auf die jüngsten Anschläge zurück: „Ich glaube kaum, dass die Ärztin ohne die momentane Sicherheitslage überhaupt die Polizei gerufen hätte.“ Die Nennung der Nationalität diene „der Absicherung“. Man werde angesichts der angespannten Situation hellhörig, „wenn man hört, da ist ein junger Algerier, der aus der Klinik türmt und droht“.

Peter Zeglin, Polizei Diepholz

„Ich glaube kaum, dass die Ärztin ohne die momentane Sicherheitslage überhaupt die Polizei gerufen hätte“

Verdächtiger war nicht im Einkaufszentrum

In die Psychiatrie gekommen sei der Mann am Wochenende, nachdem er wegen mehrerer Delikte in Gewahrsam genommen worden war: „Da ist er aus dem Ruder gelaufen und hat sich selbst verletzt“, sagt Zeglin. Nach einem richterlichen Beschluss sei der Mann dann in die Psychiatrie eingewiesen worden.

Aufgegriffen wurde er schließlich nicht im „Weserpark“, sondern am Bremer Hauptbahnhof. Bei der Vernehmung habe dieser aber „glaubhaft“ versichert, dass er gar nicht im Einkaufszentrum war. Er durfte gehen: „Das zuständige Gericht hat in Unkenntnis der Tatsache, dass der junge Mann schon weg war, entschieden, dass er nicht mehr in der Psychiatrie bleiben muss“, sagt Zeglin. Diese Einschätzung habe sich bestätigt: „Recht schnell konnte die Eigen- und Fremdgefährdung entkräftet werden.“ Der Mann habe die Drohung eingeräumt, „war sich aber über ihre Tragweite nicht im Klaren“.

Bombendrohung, potentieller Amoklauf, angeblicher IS-Sympathisant – davon scheint im Nachhinein wenig zu bleiben. „Es gab konkrete Hinweise“, betont Göbel und räumt ein: „Vor dem Hintergrund von München und Ansbach kann man eine gewisse Sensibilität für das Thema aber bestimmt nicht bestreiten.“

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