Sichere Häfen für Flüchtlinge: Berlin liegt nicht am Meer

Der Senat will aus Seenot Gerettete – etwa von der Seawatch3 – aufnehmen, doch Horst Seehofer mauert. Am Donnerstag Demo von Seebrücke.

Im Oktober 2015 gab die Organisation Seawatch Berliner PolitikerInnen die Möglichkeit nachzufühlen, wie es so ist auf einem überfüllten Gummiboot Foto: dpa

Berlin will ein „sicherer Hafen“ für aus Seenot Gerettete sein. Auch deswegen hat sich das Bundesland drei Tage vor Silvester bereit erklärt, Menschen von der Seawatch3 aufzunehmen. Doch bislang ist nichts passiert: Auf dem Schiff warten 32 Flüchtlinge seit 12 Tagen auf die Erlaubnis, einen europäischen Hafen anlaufen zu dürfen. „Die Bedingungen an Bord sind sehr schlecht, gerade stürmt es, viele sind seekrank“, sagt Jasmina Hamid vom Bündnis Seebrücke Berlin. Um den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen, Gerettete aufzunehmen, ruft Seebrücke für diesen Donnerstag zu einer Demonstration gegenüber dem Bundeskanzleramt auf.

Im vergangenen Herbst hatten sich die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg in einer gemeinsamen Erklärung dazu bekannt, „sichere Häfen“ für Gerettete sein zu wollen. Über 33 deutsche Städte seien dem inzwischen gefolgt, erklärt Hamid. Was dies konkret bedeutet, ist allerdings unklar. Fest steht: Bundesländer haben die Möglichkeit nach Paragraf 23 Aufenthaltsgesetz aus „humanitären Gründen“ Ausländern eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Allerdings nur in Absprache mit dem Bundesinnenministerium (BMI).

Im Fall der Geretteten von der Seawatch3 haben laut Seebrücke 30 Städte erklärt, sie würden Flüchtlinge von dem Schiff aufnehmen. Doch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mauert. Deutschland habe 2018 bereits 115 aus Seenot Gerettete aufgenommen, erklärte seine Behörde am 28. Dezember per Twitter. Man verweigere sich nicht grundsätzlich einer Aufnahme der Seawatch3-Flüchtlinge. Voraussetzung sei aber eine „ausgewogene Verteilung der geretteten Personen auf verschiedene EU-Mitgliedsstaaten“.

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Was aber heißt „ausgewogene Verteilung“ angesichts der Tatsache, dass Spanien, Italien und Griechenland in 2018 je Zehntausende aufgenommen haben? Wie viele Twitter-Nutzer findet auch Hamid von Seebrücke Berlin die Reaktion des BMI „lächerlich“. Es gehe um lediglich 32 Menschen, für die es bereits aufnahmebereite deutsche Städte gebe. Einige Bürgermeister hätten daher in Briefen an Seehofer appelliert, der Aufnahme zuzustimmen, so Hamid. „Auch Berlin als Hauptstadt könnte den Druck auf Seehofer erhöhen“, findet sie.

Ein Sprecher der Senatskanzlei erklärte auf taz-Anfrage am Mittwoch, man habe dem BMI gegenüber die Bereitschaft zur Aufnahme erklärt, jetzt sei der Bund am Zug. Das BMI hat eine Anfrage der taz bis Redaktionsschluss nicht beantwortet.

Aktuell geht es auch um 17 Gerettete eines weiteren Schiffes: Die unter deutscher Flagge fahrende Albrecht Penck der Organisation Sea-Eye, sucht nun seit vier Tagen einen Hafen zum Anlaufen. Daher fordert Seebrücke auch, endlich eine europäische Lösung zur Seenotrettung zu finden, die diesen Namen verdient und nicht reine Flüchtlingsabwehr ist. Hamid: „Wir demonstrieren gegen den Trend, dass fast nur noch private Schiffe Menschenleben retten und dann immer länger auf dem Meer umher irren, weil kein Hafen sie aufnimmt.“

Demo am 3. Januar, 15:30 Uhr, An der Spree gegenüber dem Bundeskanzleramt (Zollpackhof)

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