Serbien-Kosovo-Zoff bei Olympia: Und jetzt also auch noch Gold!

Serbien hat immer noch nicht verdaut, dass eine Kosovarin Judo-Gold gewann. Der Sportminister stichtelt weiter gegen das kleine Land.

Majlinda Kelmendi mit erhobenen Armen

Majlinda Kelmendi feierte die erste olympische Medaille für das Kosovo überhaupt Foto: dpa

Es war ein sportpolitischer Moment, der nachwirkt. Die kosovarische Judoka Majlinda Kelmendi stand am vergangenen Sonntag in Rio de Janeiro ganz oben auf dem Podest. Sie feierte die erste olympische Medaille für das Kosovo überhaupt, das bei diesen Sommerspielen erstmals unter eigener Flagge antreten darf. In Serbien wurde Kelmendis Sieg erwartungsgemäß etwas schmallippig zur Kenntnis genommen.

Nach wie vor gilt vielen SerbInnen das Kosovo mit seinen orthodoxen Kirchen und Klöstern als Wiege des Serbentums. Die Schlacht auf dem Amselfeld, dem Kosovo Polje, im Jahr 1389 ist bis heute ein zentraler historischer Referenzpunkt für die Bewohner des Balkanstaats. Kosovos Unabhängigkeitserklärung von 2008 hat Belgrad bis heute nicht anerkannt. Laut serbischer Verfassung gilt das Ländchen, das etwa halb so groß wie Rheinland-Pfalz ist, immer noch als eine Provinz Serbiens.

Und jetzt also auch noch Gold! Wie damit umzugehen sei, war auf einer serbischen satirischen Facebook-Seite unter der Überschrift „Kelmendi hat die erste Olympia-Medaille für Serbiens Herz gewonnen“ nachzulesen. Die Verantwortlichen sollten doch einen Empfang für die 25-Jährige im Belgrader Rathaus organisieren – Usus für siegreiche serbische Sportler. Allerdings müssten dann Sportminister Vanja Udovičić und der designierte Regierungschef Aleksandar Vučić den Balkon wohl vor Kelmendis Ankunft verlassen.

Eben jener Minister Udovičić hatte die serbischen Olympioniken angewiesen, einer Siegerehrung fernzubleiben, sollten auch Kosovaren unter den Medaillengewinnern sein. Und eben jener Minister hatte sich – natürlich ganz im Sinne der olympischen Idee – dafür eingesetzt, dass serbische und kosovarische Athleten im Olympischen Dorf möglichst weit entfernt voneinander untergebracht sind, um „Treffen und Intimitäten“ zu verhindern, wie er dem Sender RTS sagte.

Nicht aufeinander, sondern um die Wette schießen

Doch nicht nur ein Empfang in Belgrad ist derzeit Thema. Serbien zahlt jedem Sportler, der vergoldet nach Hause kommt, 45.000 Euro – keine Kleinigkeit für ein Land, in dem rund ein Drittel der Bevölkerung an beziehungsweise unter der Armutsgrenze lebt. Darüber hinaus sind für Medaillengewinner auch noch ein in Kragujevac hergestellter Fiat 500 sowie eine Rente auf Lebenszeit im Angebot. Letztere liegt monatlich bei umgerechnet 200 Euro und ist eher weniger dazu angetan, einen Sportler zu Höchstleistungen zu motivieren. Steht das alles jetzt etwa auch Kelmendi zu?

Zumindest Novak Djokovic, Tennisspieler und derzeit erster der Weltrangliste, kommt nicht in den Genuss dieser kleinen Aufmerksamkeiten. Das Turnier in Rio war für ihn nach dem ersten Spiel beendet. Seinen Abgang quittierte er mit Tränen. Ansonsten ist Djokovic, dessen Familie väterlicherseits aus dem Kosovo stammt, eher weniger zart besaitet. 2008 skandierte er das offizielle Motto der serbischen Kosovo-Politik: „Kosovo ist Serbien.“

Na ja, das sieht das Team aus dem Kosovo wohl etwas anders. Es kämpfen übrigens noch sieben weitere Athleten um Medaillen und Anerkennung für das noch junge Land. Urata Rama versucht sich im Wettbewerb im Luftgewehrschießen (10 Meter). An diesem Wettbewerb nehmen auch zwei Serbinnen teil. Aufeinander schießen, das war mal. Um die Wette schießen, lautet jetzt die Devise. Und wenn Rama und eine serbische Mitstreiterin tatsächlich zusammen auf dem Treppchen landen, sollten sie sich einfach nur die Hand schütteln. Allem Ministergeschwätz zum Trotz.

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