Schwimmen in Hamburg: Doch lieber ins Chlorbad?

Die Umweltbehörde rät empfindlichen Menschen vom Baden in Naturseen ab: Kleine Larven können Ausschlag auslösen. Künstliche Freibäder haben dieses Problem nicht.

Boote auf dem Stadtparksee

Paddeln ungefährlich, aber auf Schwimmer können im Stadtparksee Larven warten Foto: Axel Heimken

HAMBURG taz | Nachdem Daniel K. aus Fuhlsbüttel am 8. Juni im Stadtparksee badete, spürte er schon beim Rausgehen ein unangenehmes Kribbeln auf der Haut. Später hatten sowohl er als auch seine Tochter rote, Mückenstich-artige Punkte am Körper. Noch eine Woche später sind sie da und jucken unangenehm. Auch eine Bekannte, die dort badete, berichtet davon.

Der Stadtparksee hatte an diesem warmen Tag einen Befall von Zerkarien. „In Gewässern, wo Vögel sind, können die vorkommen“, sagt Bäderland-Sprecher Michael Dietel. Das hänge mit der Wassertemperatur zusammen. Bei unter 20 Grad komme das nicht vor. Und in diesem Jahr hatte der Stadtparksee wegen der frühen Hitze Ende Mai schon bis zu 27 Grad. Aktuell sind es 20.

Daniel K. beschwerte sich am Ausgang des Bades. Erst dort sah er den Warnhinweis der Umweltbehörde. „Vermeiden Sie einen unnötig langen Aufenthalt in Flachwasserbereichen mit Ufervegetation“, stand dort. „Legen sie nach verlassen des Wassers die nasse Badekleidung zügig ab! Trocknen Sie den Körper mit einem Handtuch kräftig ab.“

„Badedermatitis“, heißt diese Erscheinung. Zerkarien sind kleine Wurmlaven, die im Wasser in Schnecken heran reifen und als Parasiten Vögel befallen. „Der Mensch ist ein Fehlwirt. Die Zerkarien sind in der Haut, aber gelangen nicht in den Körper“, erläutert der Wandsbeker Hautarzt Ulrich Ohnemus, der das Phänomen von anderen Seen kennt.

Zehn Freibäder sind geöffnet. Darunter sind der Stadtparksee, mit aktuell 20 Grad, das Kaifu-Bad, Billstedt, Bondenwald, Aschberg, Finkenwerder, Marienhöhe, Neugraben, Osdorfer Born und Rahlstedt.

Ganzjahresfreibäder als Außenbecken am Hallenbad gibt es im Bille-Bad, Festland, Holthusenbad, Mid-Sommerland, Parkbad und Kaifu-Bad.

In diesen Gewässern ist das Baden möglich: Allermöher See, Boberger See, Hohendeicher See – Badestelle Süd und West, Naturbad Stadtparksee, Öjendorfer See, See Hinterm Horn, Naturbad Kiwittsmoor, sowie die Sommerbäder Duvenstedt, Ostende, Altengamme, Farmsen, Volksdorf.

Quälender Juckreiz

Die Haut des Menschen stoße diese Fremdkörper ab. Die Symp­tome könnten bei empfindlichen Menschen ein quälender Juckreiz sein. „In ganz schlimmen Fällen“, sagt Ohnemus, „kann sich sogar eine richtige Nesselsucht mit Allgemeinsymptomen wie Schüttelfrost und Unwohlsein entwickeln.“ Dann würde ein Arzt Cortison oder Anti-Allergie-Tabletten verschreiben.

„Man muss damit nicht sofort zum Arzt“, sagt Ohnemus. Bei dem ersten Kontakt mit den Larven könne es ein, zwei Wochen dauern, bis der Ausschlag auftritt, der nach zwei, drei Wochen wieder abklingt. „Badet der Mensch dann zwei Wochen später wieder, ist er sensibilisiert und der Körper kann die Teile schneller abstoßen“, erklärt der Arzt. „Weshalb die roten Flecken dann schon früher auftreten und schneller wieder abklingen.“

Daniel K. hat nach einer Woche noch über 30 juckende Flecken. „Ich wünsche mir eine bessere Information am Eingang und im Internet“, sagt er. „Die Badleitung sollte täglich Testbaden. Und wenn es ihr am nächsten Tag so schlecht wie mir und meiner Tochter geht, müssten sie das Bad sperren.“

Warnhinweis wegen Wärme

Der Stadtparksee blieb geöffnet. „Vorkommen von Zerkarien! Das Baden ist möglich“, steht zu diesem Bad im Bericht der Umweltbehörde über die Qualität aller 15 Naturbadegewässer. Die Einträge sind vom 7. und vom 28. Mai und werden alle drei Wochen aktualisiert.

Bei den anderen Seen fehlt der explizite Zerkarien-Hinweis. Doch das heißt nichts. Die Umweltbehörde warnt wegen der Wärme vor diesen Parasiten in allen Naturseen. „Wir prüfen das Wasser nicht auf Zerkarien, weil das technisch nicht möglich ist“, sagt Umweltbehördensprecher Björn Marzahn. Anders als etwa Coli-Bakterien, die sich im Wasser verteilen, seien Zerkarien in kleinen Schwärmen unterwegs. Es sei Zufall, ob ein Prüfer sie im Glas habe. Der gucke aber schon, ob er die Schnecken finde, in denen die Larven brüten.

Eine Frage des Zugangs

Die Warnung für den Stadtpark habe es gegeben, weil sich mehrere Menschen an einem Tag gemeldet hätten. „Wir sagen deutlich: In naturnahen Gewässern muss man von der Gefahr von Zerkarien ausgehen“, sagt Marzahn. Als ein Schutz gilt, das Wasser nicht durchs flache Ufer, sondern über einen Steg zu betreten. „Wer Angst hat und weiß, dass er sensibel reagiert, sollte überlegen, ob er ins Naturbad oder ins Chlorbad geht“, empfiehlt der Sprecher.

„Wer ins Stadtparkbad geht, weiß, dass da Gras im Wasser ist“, sagt auch Bäderlandsprecher Dietel. „Es gibt 14 andere Freibäder, wo es möglich ist, mit Chlor zu baden.“

Allerdings sind künstliche Freibäder im innerstädtischen Gebiet rar geworden. Schon in den 1980ern wurde das Freibad Lattenkamp am Alsterlauf geschlossen, das Grundstück mit Wohnungen bebaut. In Ohlsdorf hat die Bäderland gerade das Freibad zugeschüttet, um Wohnungen und ein neues Hallenbad zu bauen. Und in Dulsberg wurde ein Freibad radikal verkleinert. „Es gibt zum Stadtparkbad kaum eine Alternative“, sagt Badegast K.

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