Schwimm-Europameisterschaft in Berlin: Auftauchen bei der Wohnzimmerfete

Die deutschen Beckenschwimmer wollen es bei der EM ihren Freiwasserkollegen nachmachen – und wieder zu Europas Spitze aufschließen.

Hoffnungsträger: Paul Biedermann hat im DSV-Team den Hut auf. Bild: dpa

BERLIN taz | „Ich trainiere hier seit 15 Jahren, kenne die Halle in- und auswendig. Ich weiß, wo man sich hier zurückziehen kann.“ Im Berliner Schwimmhallen-Komplex an der Landsberger Allee hat Patrick Hausding bei der Europameisterschaft einen klaren Heimvorteil, und das spürt der Wasserspringer auch bei seinen letzten Übungseinheiten: „Ich hatte in den letzten Tagen schon den einen oder anderen Sprung, wo mir alles sehr vertraut vorkam.“

Auch während der EM-Wettkämpfe, glaubt Hausding, werde bei ihm häufiger ein „Trainingsgefühl“ aufkommen. Die Gefahr, dass er sich dabei etwas zu wohl fühlen könnte, wischt der gebürtige Berliner dabei zügig vom Tisch. „Lieber ein Trainingsgefühl als ein Panikgefühl“, sagt der Mann, der mit Turmpartner Sascha Klein bei der WM im Vorjahr sogar die übermächtigen Chinesen geschlagen hatte.

Von solchen Husarenstücken können die deutschen Beckenschwimmer nur träumen. Beim Wettkampfstart am Montag sollte sich das verunsicherte Team, das von den Olympischen Spielen 2012 mit null Medaillen und von der WM 2013 mit einer silbernen für Brustschwimmer Marco Koch nach Hause kam, ein Beispiel an den Freiwasserkollegen nehmen. Die kamen am Sonntag beim abschließenden Rennen über 25 Kilometer dank des dritten Platzes von Angela Maurer zu ihrer sechsten Medaille.

Die meisten Starts und die größten Erwartungen verbucht im Lager der deutschen Beckenschwimmer Weltrekordhalter Paul Biedermann. Der 28-jährige Freistilspezialist hat die Spiele 2016 in Rio als das letzte große Ziel in seiner Karriere benannt. Doch auch für den wichtigen Zwischenschritt bei der EM hat der Hallenser recht klare Vorstellungen. „Ich glaube schon, dass wir eine EM im eigenen Land als große Chance für uns wahrnehmen sollten“, sagt Biedermann, der sich „einen kleinen Auftrieb für das Schwimmen“ erhofft.

Gute Erinnerungen an die EM 2002

Womöglich fällt allen Beteiligten der anstrengende, von Chefbundestrainer Henning Lambertz als „Umwälzaktion“ bezeichnete Neuaufbau danach ja auch etwas leichter. Bis Olympia 2020 will Lambertz die deutschen Schwimmer wieder zurück in die internationale Spitze führen – dorthin, wo sie beim letzten Heimspiel vor zwölf Jahren noch standen.

„Ich habe die EM 2002 noch immer vor Augen und erhoffe mir wieder so eine großartige Stimmung unter den Athleten und Zuschauern“, sagt Verbandspräsidentin Christa Thiel und wünscht sich „ein Auftauchen“ in Berlin. Bei den insgesamt 42 Entscheidungen im Becken will der DSV sechs bis acht Medaillen holen – und so nicht allzu weit hinter den führenden europäischen Schwimmnationen wie Russland, England oder Ungarn zurückbleiben.

Das Publikum im Velodrom soll den Gastgebern dabei den Rücken stärken. „Ich kenne die Halle von Rammstein-Konzerten. Das wird ein Hexenkessel“, sagt Hardrock-Fan Paul Biedermann – und nimmt die Forderung von Lutz Buschkow mit auf den Startblock. „Wenn man im eigenen Wohnzimmer eine Fete feiert, will man, dass alle zufrieden sind“, sagt der DSV-Leistungssportdirektor. „Dafür müssen aber auch die Ergebnisse stimmen.“

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