Schüsse in München: Polizei gibt Entwarnung

In einem Münchner Einkaufszentrum fallen Schüsse. Der mutmaßliche Täter, ein 18-jähriger Deutsch-Iraner, ist tot, laut Polizeiangaben hat er Selbstmord begangen.

Polizisten vor dem Olympia-Einkaufszentrum Foto: dpa

MÜNCHEN dpa/reuters/afp/taz | Bei Schüssen an einem Einkaufszentrum in München sind am Freitag mindestens neun Menschen getötet worden. Das berichtet die Polizei. Zudem wurden mehrere Menschen verletzt.

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Bei einem weiteren Toten gehen die Ermittler davon aus, dass es sich um den Täter handelt. Diese zehnte Leiche wurde etwa einen Kilometer entfernt vom Olympia-Einkaufszentrum gefunden, wie ein Polizeisprecher am späten Freitagabend sagte. Der Mann sei durch Gewalteinwirkung gestorben.

Nach der blutigen Schießerei hat die Polizei in einer Pressekonferenz in der Nacht auf Samstag Entwarnung gegeben: Der Schütze, ein 18-jähriger Deutsch-Iraner, habe mit hoher Wahrscheinlichkeit alleine gehandelt, teilte sie mit. Er habe sich sehr wahrscheinlich selbst getötet, sagte Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä.

Die Polizei geht von einem Terroranschlag aus. „Wir haben einen Terrorverdacht“, sagte ein Polizeisprecher. Dieser bestehe auf Grundlage der Aussagen verschiedener Zeugen. Der Aufenthaltsort der Täter oder des Täters war lange unklar. Es gebe keine Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund.

Weitere Tatorte neben dem Olympiaeinkaufszentrum, konnte der Polizeisprecher zunächst nicht bestätigen. Zwar gingen viele Notrufe ein, bisher habe dahinter aber keine bestätigbare Schussabgabe gestanden. „An vielen Orten ist Panik“, sagte der Polizeisprecher.

Die Stadt München hat den „Sonderfall“ wegen einer „Amoklage“ ausgerufen. Die Bürger wurden über das Smartphone-Warnsystem Katwarn aufgefordert, ihre Wohnungen nicht zu verlassen. „Zu Ihrer Sicherheit Plätze & Straßen meiden; Täter flüchtig; Bahn & Busverkehr eingestellt; Radio und Fernseher einschalten“, hieß es in der Mitteilung des behördlichen Warnsystems. Die Polizei forderte die Anti-Terror-Einheit GSG 9 des Bundes und Spezialeinheiten aus mehreren anderen Bundesländern an. Die Warnungen wurden im Laufe der Nacht wieder zurückgenommen.

Münchner bieten Unterschlupf

Der Hauptbahnhof in München wurde geräumt. Dies geschah auf „behördliche Anordnung“, teilte eine Sprecherin der Deutschen Bahn am Freitagabend in Berlin mit. Der Hauptbahnhof wurde seit 19.30 Uhr nicht mehr angefahren und geräumt.

Die Polizei forderte die Münchner über Twitter in vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Türkisch) dazu auf, ihre Wohnungen nicht zu verlassen und vom Tatort fernzubleiben. Von überall in der Stadt eilten Polizisten zum Ort. Außerdem hat die Münchner Polizei dazu aufgerufen, sich von öffentlichen Plätzen in der Landeshauptstadt fernzuhalten. „Meiden Sie öffentliche Plätze in München. Die Lage ist noch unübersichtlich“, schrieb die Polizei über Twitter.

Unter den Hashtags #opendoor, #offenetür und #porteouverte bieten via Twitter Münchner_innen Obdach für Leute, die auf der Straße sind und einen Unterschlupf suchen. Das Tollwood-Festival auf der Theresienwiese lieft zunächst weiter. Dort bestehe keine Gefahr, sagte ein Polizeisprecher. Kurz nach 22 Uhr wurde es aber ebenfalls abgesagt.

Bundespräsident Joachim Gauck äußerte sich bestürzt: „Der mörderische Angriff in München entsetzt mich zutiefst.“ In Gedanken sei er bei allen Opfern und bei allen, die um einen geliebten Menschen trauerten oder fürchteten. Er fühle sich „allen verbunden, die im Einsatz sind, um Menschen zu schützen und Leben zu retten“. Kanzleramtsminister Peter Altmaier sagte im ZDF: „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Terroristen ihr Ziel erreichen, nämlich unsere Gesellschaft zu verunsichern.“

taz-Korrespondentin Margarete Moulin berichtet um 21.45 Uhr:

„Es haben sich hier Telefonwarnketten gebildet, Freunde und Familienmitglieder rufen einander an, vereinbaren wer nun wen anruft, um möglichst rasch viele Personen zu erreichen. Teilweise klingeln die Menschen bei ihren Nachbarn an den Türen, um die Schreckensnachricht weiterzugeben und um sich zu versichern, dass in der Nachbarwohnung alles in Ordnung ist.

In München hört man die Polizeisirenen und Hubschrauber. Der Betrieb von U-Bahnen, Bussen und Tram ist komplett eingestellt.“

Klinikum ruft Katastrophenfall aus

Das Klinikum rechts der Isar – das Krankenhaus der Technischen Universität München – hat den Katastrophenfall ausgelöst. In diesem Klinikum sei ein Patient seinen Verletzungen erlegen, erklärt eine Sprecherin. Das Klinikum halte zehn OP-Teams und acht Schockraumteams bereit.

In einem weiteren Tweet hat die Münchner Polizei dazu aufgerufen, keine Bilder vom Tatort zu veröffentlichen: „Bitte keine Fotos/Filme von polizeilichen Maßnahmen online stellen. Unterstützt nicht die Täter!“

Taz-Korrespondent Dominik Baur berichtet gegen 20.20 Uhr, dass die Polizei auch alle Autofahrer davor warnt, die Stadt anzufahren – auch um den Weg für Einsatzkräfte freizuhalten. Wer sich bereits in München befinde, solle in jedem Fall öffentliche Plätze meiden. „Dennoch sind die Straßen, etwa der Mittlere Ring aktuell stark befahren. Viele Menschen haben von den Geschehnissen eventuell noch gar nichts mitbekommen. Auf dem nördlichen Mittleren Ring sind aktuell in sehr kurzen Abständen Polizei- und Rettungswagen auf dem Weg in Richtung Olympiagelände.“

Auch in der Münchner Innenstadt gab es einen Großeinsatz der Polizei, nachdem dort Menschen schreiend und in Panik geflohen waren. Dies stellte sich laut Polizei jedoch als Fehlalarm heraus.

Der erste Notruf vom Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) war um 17.50 Uhr bei der Polizei eingegangen. Danach eilten zahlreiche Einsatzfahrzeuge der Polizei und auch ein Krankenwagen dorthin. Das Gelände wurde weiträumig abgesperrt.

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