Schröder im Untersuchungsausschuss : Ein Basta für den Landtag

In Nordrhein-Westfalen sagt der Altkanzler zur West LB aus. Neue Erkenntnisse trägt er nicht vor, unterhalten kann er aber noch immer.

Showmaster Schröder (Archivbild) ist immer noch unterhaltsam. Bild: Reuters

DÜSSELDORF taz | Eine kleine Absperrung vor dem Fraktionssaal der CDU soll dafür sorgen, dass Gerhard Schröder ungestört eintreten kann. Kamerateams und Fotografen warten auf ihn. So viel war beim Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags zum Milliarden-Desaster bei der ehemaligen Landesbank West LB bislang nie los.

Gut gelaunt, vielleicht ein bisschen atemlos, kommt der Ex-Kanzler an und nimmt auf dem Zeugenstuhl Platz. „Endlich hat man mal wieder was zu tun!“, sagt er zu den Fotografen vor ihm. Er wirkt ziemlich amüsiert. Das wird während seiner Vernehmung so bleiben, auch wenn Schröder die meiste Zeit einen hochroten Kopf hat.

Der im April 2013 eingesetzte Untersuchungsausschuss befasst sich mit dem Niedergang der West LB. Die ehemalige Landesbank ist im Zuge der Finanzkrise abgestürzt und auf Druck der EU 2012 zerschlagen worden. Die Manager haben sich in einem gigantischen Ausmaß verspekuliert und falsch investiert, der Schaden wird auf 18 Milliarden Euro geschätzt. Einst war das stolze Haus die drittgrößte deutsche Bank. Die Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr hatten mit ihr ein mächtiges Instrument, um Einfluß auf Großunternehmen sowie politische Freunde und Feinde zu nehmen. Die West LB hatte Beteiligungen unter anderem bei Holzmann, LTU, Babcock-Borsig und dem damaligen Mischkonzern Preussag, der in TUI aufgegangen ist.

Schröder ist auf Antrag der CDU geladen. Er soll zum Verkauf der Stahlsparte von Preussag - der Salzgitter AG – vernommen werden. Die West LB war an Preussag mit 34 Prozent beteiligt, ihr sozialdemokratischer Chef Friedel Neuber dort Aufsichtsratsvorsitzender. Preussag wollte den Stahlhersteller Salzgitter ursprünglich an ein österreichisches Unternehmen verkaufen. Schröder hatte das als niedersächsischer Ministerpräsident vor den Landtagswahlen 1998 verhindert und die Übernahme durch das Land Niedersachen und die NORD LB durchgesetzt.

Schröder will Gebühren

Der Ausschussvorsitzende Peter Biesenbach (CDU) eröffnet die Befragung von Schröder mit dem Hinweis auf einen Roman, den der einstige Chef der Preussag-Stahlsparte Hans-Joachim Selenz geschrieben hat. Eine Verschwörungsgeschichte: SPD-Ministerpräsident Johannes Rau und die Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr sollen auf den Verkauf der Stahlsparte von Preussag ins Ausland gedrungen haben, um Schröder zu schaden und den damaligen saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine zum SPD-Kanzlerkandidaten machen zu können. Mit Hinweis auf bilanzielle Unregelmäßigkeiten sollen die Preussag-Leute um Vorstandschef Michael Frenzel erpresst und so von ihren Ursprungsplänen abgebracht worden sein, heißt es in dem Buch. „Es geht uns heute darum, uns vom Realitätsgehalt des Buches zu überzeugen“, sagt Biesenbach.

Schröder hat das Buch nicht gelesen. Er habe aber davon gehört, sagt er. Und grinst. Viel zu berichten hat Schröder nicht. Er erinnert sich nicht an die entscheidenden Verhandlungen. Der spätere IG-Metall-Chef Peters habe ihn über die Verkaufspläne informiert. Es sei um 12.000 Arbeitsplätze gegangen. „Dann haben wir in der Regierung entschieden, wir kaufen den Laden selbst“, sagt Schröder. Anschließend parodiert er sich selbst. Mit der Faust haut er auf den Tisch und ruft: „Basta!“ Das sei ein glänzender wirtschaftspolitischer Schachzug gewesen, erklärt er. „Ich habe ja schon alle Verdienstorden von Niedersachsen. Deshalb kann ich keinen mehr kriegen.“

Die Düsseldorfer Landtagsabgeordneten bemühen sich wacker, aber der Arroganz des Ex-Kanzlers sind sie nicht gewachsen. „Ich war ein so populärer Ministerpräsident, das können Sie sich nicht vorstellen“, sagt er. Schröder ist immer noch das gewiefte Schlachtross. „Ein Seminar über Ökonomie mache ich nur gegen Erstattung der üblichen Gebühren“, sagt er, als er etwas zu den Hintergründen des Kaufs erklären soll.

Die Abgeordneten wollen herausfinden, ob der Verkauf der Stahlsparte an Niedersachen zu einem fairen Preis erfolgt ist und ob es Druckmittel gab. „Ich bin fest davon überzeugt, dass es keiner Druckmittel bedurfte“, sagt Schröder. Mit den Preisverhandlungen habe er nichts zu tun gehabt, aber der Preis sei anständig gewesen. „Wir haben das nicht geschenkt gekriegt.“ Immer wieder amüsiert er sich – oft zu recht – über die Fragen. „Kann man davon ausgehen, dass Herr Neuber und Herr Frenzel wussten, dass Sie vor Landtagswahlen standen?“, will eine Abgeordnete der CDU allen Ernstes wissen.

Der Untersuchungsauschuss wird noch oft tagen, er ist bis bis Ende 2017 angesetzt. Wenn es sein müsse, komme er gerne noch einmal wieder, sagt Schröder gut gelaunt zum Abschied. Auf die Kostenerstattung für seinen Flug verzichtet er großzügig. Er wisse ja, wie „eng“ der Landeshaushalt sei.

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