SPD-Vorschlag zur Personalnot: Bundeswehr an die Flüchtlingsfront

Pensionierte Soldaten sollen laut SPD für Flüchtlinge dolmetschen und Asylanträge bearbeiten. Derweil hat sich Wolfgang Schäuble deutlich im Ton vergriffen.

Drei Bundeswehrsoldaten vor einem Glühweinstand

Afghanistan, Masar-i-Scharif: Erwirbt der deutsche Soldat auf dem Weihnachtsmarkt Dolmetscherfähigkeiten? Foto: dpa

BERLIN Reuters/afp |Vor dem Hintergrund des Einsatzes auch von Soldaten zur Bewältigung der Flüchtlingskrise hat die SPD einem Bericht zufolge eine personelle Aufstockung der Bundeswehr gefordert. Die Zeitung Die Welt zitierte in ihrer Donnerstagsausgabe aus einem Positionspapier der SPD-Fraktion, in dem die Partei unter anderem fordert, vorzeitig in den Ruhestand versetzte Soldaten und zivile Beamte zu reaktivieren. Die Flüchtlingshilfe durch die Bundeswehr werde „dauerhaft nur mit einem entsprechend temporär verstärkten Personalkörper funktionieren“, heißt es.

Das „bisher nicht angetastete Reservoir an Fachkräften“ könne für bis zu zwei Jahre wieder in Dienst gestellt werden, heißt in dem Positionspapier. Das Ministerium könne die Pensionäre per Weisung oder auf freiwilliger Basis wieder einsetzen. Genutzt werden könne außerdem der „Pool der Sprachmittler aus dem Einsatz in Afghanistan“, da in den Erstaufnahmeeinrichtungen Dolmetscher gebraucht würden.

Das Verteidigungsministerium soll nach dem Willen der SPD nun zunächst prüfen, wer von den Beamten und Soldaten im vorzeitigen Ruhestand die nötige Qualifikation hat, um etwa bei der Bearbeitung von Asylanträgen zu helfen. Anschließend müsse ein Konzept für den Einsatz erarbeitet werden.

Derzeit sind bereits tausende Bundeswehrsoldaten in der Flüchtlingshilfe aktiv. Der Bundeswehrverband befürchtet, dass darunter die Kernaufgaben der Truppe leiden.

Berufung auf christliche Werte

Katholiken in CDU und CSU haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unter Berufung auf die christlichen Werte der Partei zu einer restriktiveren Flüchtlingspolitik aufgefordert. Eine uneingeschränkte Aufnahme von Flüchtlingen sei „nicht christlich, weil sie unser gesamtes Allgemeinwesen überfordern würde“, sagte der CSU-Politiker und Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, dem Berliner Tagesspiegel.

Der Vorsitzende des Arbeitskreises engagierter Katholiken in der CDU, Christian Sittler, warnte ebenfalls vor einer unbegrenzten Aufnahme von Flüchtlingen. Natürlich müsse jeder, der nach Deutschland komme, „unsere Fürsorge“ erhalten. Die „wunderbare Hilfsbereitschaft in unserer Bevölkerung“ dürfe aber nicht überfordert werden.

„Ein unkontrollierter Zustrom von Millionen Menschen kann nicht christlich sein“, sagte Sittler. Erst recht nicht christlich sei es, so vielen Menschen in Deutschland das Paradies zu verheißen, „um sie am Ende zu enttäuschen“. Ein Kurswechsel von Angela Merkel hin zu einer restriktiveren Flüchtlingspolitik sei deshalb gerade aus christlicher Perspektive notwendig und setze „ganz sicher keine christlichen Werte aufs Spiel“.

Schäubles Lawine

Der Flüchtlingszustrom könnte nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Deutschland dramatisch in Bedrängnis bringen. Die Herausforderung durch den Zustrom an Migranten bezeichnete der Minister am Mittwoch in Berlin als „ein Rendez-vous unserer Gesellschaft mit der Globalisierung“. Jetzt stehe Deutschland plötzlich vor einer Flüchtlingskrise.

Schäuble beschrieb die gegenwärtige Lage mit der Gefahr einer Lawine. „Lawinen kann man auslösen, wenn irgendein etwas unvorsichtiger Skifahrer ... ein bisschen Schnee in Bewegung setzt“, erläuterte er bei einer Veranstaltung des Centrums für Europäische Politik (CEP).

„Ob wir schon in dem Stadium sind, wo die Lawine im Tal unten angekommen ist, oder ob wir in dem Stadium im oberen Ende des Hanges sind, weiß ich nicht“, sagte er. Wenn man noch im oberen Teil sei, dann sei die Herausforderung eine ziemlich große. Diese Situation könne Deutschland nicht alleine meistern, das gehe nur im europäischen Verbund, unterstrich er.

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