Russland: Im Zweifel für den Handel

Ungeachtet der sich zuspitzenden Krise in der Ukraine präsentiert sich Bremen stolz auf der „Deutschen Woche“ in Wladimir Putins Heimatstadt St. Petersburg.

Bremen hält sich mit Protest gegen Wladimir Putin in St. Petersburg lieber etwas zurück. Bild: dpa

BREMEN taz | Die Gewalt in der Ukraine eskaliert und sowohl die USA als auch die EU verschärften gestern ihre Sanktionen gegen Russland. Bremens Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) bemüht sich dagegen lieber um die Pflege der bremisch-russischen Handelsbeziehungen. Am Montag war er in St. Petersburg – der Heimatstadt von Wladimir Putin. Bremen steht dort im Mittelpunkt der „Deutschen Woche“. Und was man in Russland sicher gerne hört: Günthner sprach sich gegen weitere Wirtschaftssanktionen aus – weil sie „nicht deeskalierend wirken würden“.

Von „langen Handelstraditionen“ ist in St. Petersburg die Rede, von den vielen Gemeinsamkeiten und den guten Beziehungen der beiden Städte, von Logistik, Hafenwirtschaft, Autos und Energieeffizienz. Noch bis zum Mittwoch läuft die Deutsche Woche, in deren Rahmen sich abwechselnd je ein Bundesland inszenieren darf. „Und es ergab sich so“, dass jetzt eben Bremen an der Reihe ist, heißt es im Wirtschaftsressort. Getragen wird die schon länger geplante Veranstaltung vom Deutschen Generalkonsulat, dem Goethe-Institut und der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer, die halbstaatliche BLG ist Partner.

„Es gab trotz der aktuellen Lage keine Veranlassung, kurzfristig abzusagen“, so das Wirtschaftsressort. Vielmehr wolle man „weiter im Dialog“ bleiben, „auf allen Ebenen Gespräche führen“. Seine Haltung sei nicht, mit dem erhobenen Zeigefinger in der Welt herumzureisen, sagte Günthner am Montag. Er wolle im Dialog deutlich machen, was notwendig sei. „Dazu gehört, dass Russland seinen Einfluss geltend macht, um die Eskalationsspirale stoppen zu können.“ Eine Absage, heißt es aus der Handelskammer, „wäre schon eine Eskalation gewesen“.

Russland gehört zu Bremens wichtigsten Handelspartnern. „Es ist in vielen Branchen schon zu merken, dass der Handel zurückgegangen ist“, sagte Günthner. Geschäfte seien auf Eis gelegt, Investitionen erstmal gestoppt worden. 2013 wurden aus Bremen Waren für 412 Millionen Euro nach Russland exportiert, vor allem Fahrgestelle, Autos, Laster, Spezialfahrzeuge und Maschinen. Allein die BLG hat 2013 rund 70.000 Fahrzeuge in St. Petersburg umgeschlagen. Im Seehafen von Bremerhaven ist Russland nach den USA und China der wichtigste Handelspartner. Vor allem Mineralölerzeugnisse, Steinkohle und Briketts werden von dort importiert, auch Fische und Krebstiere spielen eine gewisse Rolle. 2013 wurden aus Russland Waren für 764 Millionen Euro nach Bremen eingeführt. 200 Bremer Firmen haben Geschäftsbeziehungen nach Russland, 50 eigene Büros und Niederlassungen.

Sowohl die Handelskammer als auch die Linkspartei findet es in Ordnung, das sich Bremen nun bei der Deutschen Woche präsentiert. In der Handelskammer wird zwar „das Primat der Politik“ betont – das aber müsse klar definiert werden. Ob man Putin mit so einer Veranstaltung in die Hände spiele? Nein.

Einen Boykott halte er zum jetzigen Zeitpunkt für falsch, sagt auch der Wirtschaftspolitiker der Linken, Klaus-Rainer Rupp – er plädiert dafür, miteinander zu reden und „klar zu machen“, das Putins Politik den wirtschaftlichen Austausch gefährde: „Irgendwann muss es Konsequenzen geben.“

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