Rihannas neues Album „Unapologetic“: Rechtfertige dich!

Billigste Synthie-Sounds und Drummachine-Klänge: Auf „Unapologetic“ liefert Rihanna überdrehten Vorstadtrave. Das verheißt nichts Gutes.

Die Pose zählt: Rihanna live in Berlin. Bild: Julia Schoierer / Universal

„Gnade“ ist der einzige Gedanke, der sich beim Hören von Rihannas neuem Album „Unapologetic“ im Hirn verhaftet. Ein anderer Ohrwurm vermag nicht hängen zu bleiben, denn über jedem womöglich netten Refrain wie bei „Jump“ oder „Right now“ liegt ein Guss aus übelstem Billig-Rave-Brei, der den terrorisierten Hörer zurück in Neunziger-Jahre-Musik-TV-Werbung-Albträume und Crazy-Frog-App-Sounds katapultiert.

Und das fängt sofort mit dem Auftaktsong „Phresh Out the Runway“ an, der nur mit einem ziemlich guten Refrain verhindert, dass das Album jetzt und für immer aus dem Player fliegt.

Dieses Gequietsche im Radio? Unvorstellbar. Wenn Superstars wie Rihanna ein neues Album rausbringen, müssen ihre Songs im Radio rauf und runter laufen und in Clubs gespielt werden. Wie das bei diesem anstrengenden Geschwurbel mit von Autotune-Effekten verfremdeten Stimmen und scheinbar wahllosem Rumgeloope, Gesample und Gefrickel auf „Unapologetic“ gehen soll, ist fraglich.

Irgendwie gestrig und traurig

Auch ihre Promotour zum Erscheinen des Albums am 19. November zusammen mit Fans und Journalisten in einem Flugzeug (sic!) wirkt – ohne dabei gewesen zu sein – irgendwie gestrig und traurig. Nackte Haut, Handyfotos, Tweets und Posen sind wichtiger als Texte im Booklet oder irgendein Alleinstellungsmerkmal der Sängerin, die mit diesem Album eher Richtung Lady-Gaga-Anbiederung geht als ihrem Steckenpferd R&B-Pop treuzubleiben.

Zum Glück ist der einzige gut einlaufende Mainstream-Popsong, ihre aktuelle Single-Auskopplung „Diamonds“, gleich drei mal auf dem Album zu finden: Eine Insel der Ruhe, auf der man verweilen und der Stimmgewalt der Sängerin fröhnen kann. Nun ist es eher unwahrscheinlich, dass ein Megastar wie Rihanna plötzlich derart schlecht beraten und hinterwäldlerisch produziert wird, wie “Unapologetic“ sich präsentiert.

Rapper Eminem, David Guetta, Mikky Ekko und ihr Ex Chris Brown, die alle auf „Unapologetic“ mitmischen, gelten nicht als so orientierungslos wie die Songs darauf rüberkommen. Das wiederum lässt befürchten, dass Rihanna weiterhin erschreckend up to date und womöglich wegweisend in Sachen Dancefloor ist und sogar noch mehr von diesem Schrott auf uns zukommen könnte. Und tatsächlich auch im Radio gespielt werden wird.

„Unapologetic“ – das bedeutet soviel wie „dreist“, aber auch die Abwesenheit von Reue. Dabei sollte sich Rihanna sehr wohl für so düstere Zukunftsaussichten entschuldigen. Oder sich zumindest rechfertigen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.