Rettungsplan für Zypern steht: Die Staatspleite ist abgewendet

Zyperns Regierung hat sich in der Nacht zum Montag doch noch auf einen Plan zur Rettung des Landes geeinigt. Das zweitgrößte Geldhaus der Insel, die Laiki Bank, schließt.

Gerade nochmal gut gegangen: Zypern ist gerettet. Bild: strucsi/photocase.com

NIKOSIA/BRÜSSEL reuters | Die Staatspleite Zyperns ist in letzter Minute abgewendet worden. Die Regierung des überschuldeten Euro-Landes einigte sich nach einer teilweise dramatischen Nachtsitzung mit ihren Geldgebern auf einen neuen Rettungsplan. Gläubiger und Kunden der beiden größten Banken des Landes, der Bank of Cyprus und der Laiki Bank, werden dabei Geld verlieren – wie viel genau, steht noch nicht fest.

„Diese Lösung ist besser als die von vergangener Woche, weil wir uns jetzt auf die beiden Problembanken konzentrieren“, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem am frühen Montagmorgen in Brüssel. Im ersten Anlauf war eine Abgabe auf Bankeinlagen geplant, was in Zypern wie im Rest der Euro-Zone auf großen Protest gestoßen war.

Der neue Plan sieht vor, dass die Laiki Bank – die zweitgrößte des Landes – geschlossen wird und damit Tausende Jobs wegfallen. Die Konten mit Beträgen bis zu 100.000 Euro, die gesetzlich von der Einlagensicherung geschützt sind, werden auf die größte Bank, die Bank of Cyprus, übergehen.

Einlagen der Laiki Bank oberhalb dieser Summe werden eingefroren und in eine Bad Bank übertragen. Insgesamt handelt es sich nach Dijsselbloems Angaben um 4,2 Milliarden Euro. Ob diese vollständig verloren sein werden, sei noch nicht absehbar, da bei der Abwicklung der Bad Bank noch Erträge anfallen könnten.

Zwangsabgabe von etwa 30 Prozent

Auch die Bank of Cyprus muss drastisch verkleinert werden. Aktionäre, Anleihegläubiger und als letztes Kontoinhaber müssen mit Abschreibungen rechnen, bis die Bank eine gesunde Größe und eine Eigenkapitalquote von neun Prozent erreicht hat. Auf Bankguthaben von mehr als 100.000 Euro soll eine Zwangsabgabe von etwa 30 Prozent erhoben werden, teilte ein Regierungssprecher am Montag in Nikosia mit.

Zypern wird mit zehn Milliarden Euro Kredit aus dem Euro-Rettungsmechanismus ESM und vom Internationalen Währungsfonds (IWF) gestützt. Das erste Geld soll im Mai fließen. Als Gegenleistung dafür sind auch harte Einsparungen bei den öffentlichen Ausgaben fällig.

Dijsselbloem sprach von sehr schwierigen Gesprächen. Die Verhandlungen standen nach einem Ultimatum der Europäischen Zentralbank (EZB) unter hohem Zeitdruck. Die EZB hatte gedroht, den beiden insolventen Großbanken ab Dienstag, wenn die Banken nach mehr als einer Woche Schließung erstmals wieder öffnen sollen, die Notkredite zu entziehen.

Damit hätte der Kollaps des gesamten Finanzsektors gedroht, der acht Mal so groß ist wie die Wirtschaftsleistung des Landes und damit als überdimensioniert gilt. Er soll bis 2018 halbiert werden und so EU-Durchschnitt erreichen. Ob die Banken am Dienstag öffnen, war noch nicht sicher.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wies darauf hin, dass für die neue Vereinbarung eine Zustimmung des Parlaments in Nikosia nicht nötig sei. Dort hatten die Abgeordneten am Freitag ein Gesetz zur Bankenabwicklung verabschiedet und zudem die Grundlage geschaffen, Kapitalverkehrskontrollen zu verhängen. Mit der Blockade großer Überweisungen für maximal sechs Monate soll verhindert werden, dass die Anleger ihr Geld nun massenweise aus dem Land abziehen. IWF-Chefin Christine Lagarde bezeichnete das Rettungspaket als einen „umfassenden und glaubhaften Plan“.

„Am Rande des Bankrotts“

„Diese Vereinbarung legt die Basis, um das Vertrauen im Bankensystem wiederherzustellen. Das ist entscheidend, um das Wachstum zu stützen“, erklärte Lagarde. Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici sagte: „An alle, die sagen, dass wir ein ganzes Volk strangulieren: Zypern ist eine Kasinowirtschaft, die am Rande des Bankrotts stand.“

Der Einigung war eine Woche mit einem wahren Nervenkrieg zwischen Zypern und seinen Rettern vorausgegangen. Der ursprüngliche Plan hatte eine Abgabe auf sämtliche Bankeinlagen vorgesehen. Darauf hatte Zypern bestanden, um die großen Kunden seiner Banken nicht zu stark belasten zu müssen. Die Regierung in Nikosia sollte von den Banken selbst 5,8 Milliarden Euro eintreiben. Diese Zahl gelte nun nicht mehr, sagte Dijsselbloem. Den Finanzbeitrag der Gläubiger und Kunden der Banken zu deren Sanierung sei jetzt noch nicht bezifferbar.

Das Parlament Zyperns hatte den ersten Plan abgelehnt. Auch im Rest der Euro-Zone herrschte Entsetzen, dass zur Rettung eines Staates erstmals die kleinen Sparer Geld verlieren sollten. Die Regierung unter dem konservativen Präsidenten Nikos Anastasiades hatte tagelang vergebens mit Russland über Kredite oder einen Einstieg in die Banken oder in den Energiesektor des Landes verhandelt.

Ein Großteil der betuchten Bankkunden sind Russen. Nach Vermutung des Bundesnachrichtendienstes ist Zypern ein Geldwäscheparadies, das mit hohen Zinsen und niedrigen Steuern Anleger lockt. Deshalb bestanden vor allem Deutschland, und der IWF darauf, die Rettungskosten auch Bankkunden und nicht nur den Steuerzahlern in der Euro-Zone aufzubrummen.

Mehrheit im Bundestag

Das neue Programm dürfte nach Ansicht Schäubles eine Mehrheit im Bundestag finden. Die Abgeordneten können noch in dieser Woche abstimmen, auch wenn dies rechtlich noch nicht notwendig sei, erklärte er. Die formelle Einigung soll erst Mitte April vorliegen. Alle Forderungen der Fraktionen würden erfüllt: Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung, eine Beschränkung der Kredite auf zehn Milliarden Euro, die Beteiligung des IWF und schließlich ein Kostenbeitrag der beiden großen Banken.

Anastasiades hatte ab dem Nachmittag mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, Währungskommissar Olli Rehn, EZB-Präsident Mario Draghi und IWF-Chefin Lagarde verhandelt. Zwischenzeitlich hatte er nach Auskunft von EU-Diplomaten mit Rücktritt gedroht, falls beide Banken dichtgemacht werden müssten. Nach der Einigung am frühen Morgen verließ er das EU-Ratsgebäude kommentarlos und überließ seinem Finanzminister alle weiteren Erklärungen.

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