Residenzpflicht für Flüchtlinge: Ein paar kleine Freiheiten

Union und SPD hatten sich schon auf ein Ende der Residenzpflicht für Flüchtlinge geeinigt. Nach Druck aus der CSU ist das nun nicht mehr so.

Keine Lust auf Residenzpflicht: Viele der Flüchtlinge beim ehemaligen Berliner Protestcamp kamen aus anderen Teilen Deutschlands Bild: dpa

BERLIN taz | Vergangenen Donnerstag hatten die Unterhändler von Union und SPD schon beschlossen, die umstrittene Residenzpflicht für Asylbewerber komplett abzuschaffen. Das kam einer kleinen Sensation gleich.

Doch einigen in der Union ging das zu weit. In einer internen Sitzung, die Teilnehmer als „turbulent“ beschrieben, wurde der CDU-Staatssekretärin für Integration, Maria Böhmer, die für die Union in der Arbeitsgruppe Migration die Verhandlungen führt, tags darauf zu große Nachgiebigkeit vorgeworfen. Vor allem die CSU verlangte von ihr, die entsprechende Passage in dem vereinbarten Papier wieder zurückzuziehen. Jetzt soll die Residenzpflicht von einer Großen Koalition nur noch gelockert, aber nicht aufgehoben werden.

Auch in anderen Punkten haben sich die beiden künftigen Koalitionspartner jetzt auf ein paar kleine Fortschritte für Flüchtlinge geeinigt. Große Einigkeit besteht darüber, dass die Asylverfahren beschleunigt werden sollen. Bislang ziehen sie sich oft über Monate, manchmal über ein Jahr hin. Das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das die Asylanträge bearbeitet, soll dafür jetzt mehr Geld und Personal bekommen.

Außerdem sollen Asylbewerber, deren Verfahren läuft, bereits nach sechs Monaten arbeiten dürfen. Bislang beträgt die Wartezeit, die ihnen auferlegt ist, neun Monate. Die Vorrangsprüfung, nach der Arbeitgeber erst einmal prüfen lassen müssen, ob nicht andere Arbeitnehmer für die Stelle in Frage kämen, bleibt aber bestehen. „Es war völlig klar, dass die Union daran nicht rütteln will“, sagte der SPD-Asylexperte Rüdiger Veit am Donnerstag der taz. In strukturschwachen Regionen komme dies aber weiter „einem Arbeitsverbot gleich“, kritisiert Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt.

Burkhardt verweist auch darauf, dass die Lockerung der Residenzpflicht „allein für Asylsuchende in Bayern und Sachsen eine Verbesserung“ sei. Denn nur dort gilt noch die Regel, dass sich Asylbewerber nur innerhalb ihres Landkreises oder Bezirks bewegen dürfen. Überall sonst dürfen sie sich schon jetzt innerhalb ihrer Bundesländer frei bewegen.

„Kategorische Blockade“

„Das ist nicht der Durchbruch“, gibt der SPD-Asylexperte Rüdiger Veit zu. „Aber für die Praxis haben wir bedeutende Fortschritte erzielen können.“ So soll für Flüchtlinge, die ihr Bundesland kurzzeitig verlassen, um anderswo Freunde oder Verwandte zu besuchen, künftig kein Antrag, sondern nur noch eine Mitteilung nötig sein – jedenfalls bei Kurzvisiten von bis zu einer Woche. Und geduldete Flüchtlinge, die seit Jahren in Deutschland leben, sollen ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten, wenn sie sich „gut integriert“ haben. Bei Jugendlichen und Kindern reicht da schon ein Schulabschluss.

Keine Einigung gab es mit Blick auf die europäische Flüchtlingspolitik. Dass sich im künftigen Koalitionsvertrag dazu womöglich kein Wort finden wird, sei „angesichts der Ereignisse im Mittelmeer und der Überlastung Griechenlands ein Unding“, findet Veit. Doch alle Versuche, über eine Reform der Dublin-II-Regeln zu reden, habe die Union „kategorisch abgeblockt“.

Die Unterarbeitsgruppe „Integration und Migration“ hat ihre Verhandlungen bereits in dieser Woche abgeschlossen. Die große Runde der Parteien wird voraussichtlich am 21. November abschließend über ihre Ergebnisse beraten. Bis dahin stehen sie noch unter Vorbehalt.

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