Regulierter Verkauf von Cannabis: Lasst das Gras wachsen!

Noch in dieser Woche entscheidet sich, ob das grün regierte Friedrichshain-Kreuzberg seinen Coffeeshop bekommt. Mit Marihuana aus regionalem Anbau.

Qualmender Joint

Nix für Kinder. Foto: dpa

In Friedrichshain-Kreuzberg steigt die Spannung: Voraussichtlich noch in dieser Woche entscheidet sich, ob der Coffeeshop im Bezirk Wirklichkeit wird – oder sich die Idee doch in Rauch auflöst. Seit Ende Juni liegt dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn ein entsprechender Antrag des grün regierten Bezirksamts vor.Die CDU-Gesundheitsminister Her­mann Gröhe unterstellte Behörde gibt dem Bezirk nach taz-Informationen in den kommenden Tagen Bescheid, ob die kontrollierte Abgabe von Cannabis genehmigt wird – oder nicht.

Der Antrag für den Coffeeshop, der der taz vorliegt, stammt aus der Feder des Suchthilfekoordinators des Bezirks­amts, Horst-Dietrich Elvers. Auf 27 Seiten beschreibt er detailliert, wie das Projekt aussehen soll. Vier lizenzierte Fachgeschäfte für den regulierten Verkauf von Cannabis sind demnach zunächst geplant, zwei in Kreuzberg und zwei in Friedrichshain. Ein Konsum vor Ort soll möglich sein. Auch Raum für Beratungsgespräche soll es geben.

Kommt der Antrag durch, können bald alle Einwohne­rinnen und Einwohner des Bezirks legal Marihuana einkaufen – vorausgesetzt, sie sind volljährig. Interessierte müssten sich allerdings erst registrieren lassen. Weitere Voraussetzung ist die Bereitschaft, bei einer wissenschaftlichen Begleitstudie mitzumachen. Für jeden Teilnehmer ist eine anonymisierte, mit Identifikationsnummer und Lichtbild versehene Karte geplant, die zum Einkauf berechtigt. Alle Daten sollen auf dieser Karte codiert gespeichert werden – zum Beispiel die erworbene Menge an Cannabis.

Geht es nach dem Bezirk, können pro Einkauf maximal 10 Gramm erworben werden, pro Monat maximal 60 Gramm. Nicht in Anspruch genommene Höchstmengen verfallen. Auch über Missbrauch haben sich Elvers und seine Mitstreiter Gedanken gemacht. Verwendet jemand das erworbene Gras nicht für sich selbst, sondern verschenkt oder verkauft es weiter, soll ihm die Karte entzogen werden.

Um zu vermeiden, dass mit dem Cannabis aus den Fachgeschäften gedealt wird, soll es teurer sein als das auf dem Schwarzmarkt. „Aktuell sind 10 bis 11 Euro pro Gramm ein realistischer Preis“, beruft sich der Bezirk im Antrag auf den Deutschen Hanfverband. Finanziert werden könnten damit auch die Kosten für die Investitionen und die Begleitforschung. Auch der Anbau wird thematisiert: „Das Marihuana soll möglichst regional, bio und Co2-arm erzeugt werden“, so Elvers.

Das Bezirksamt erhofft sich von der kontrollierten Abgabe einen besseren Gesundheitsschutz: Menschen mit problematischem Konsum könnten über den Coffeeshop leichter erreicht werden. Ziel ist es, den Schwarzmarkt auszutrocknen. Jugendliche kämen dann schwerer an den Stoff.

Für seinen Vorstoß bekommt das Bezirksamt viel Unterstützung. Auch Teile der Landes-SPD sprechen sich für eine neue Cannabis-Politik aus. Vorreiter ist der für Gesundheit zuständige SPD-Abgeordnete Thomas Isenberg. Er unterstütze den Antrag der Kreuzberger für eine regulierte Abgabe „ganz klar“, sagte Isenberg am Montag zur taz.

Die Berliner sind bei dem Thema gespalten. Im Auftrag der CDU hat das Forsa-Institut im August eine Umfrage unter 1.006 Berlinern durchgeführt. Die Fragestellung: Soll Cannabis für alle volljährigen Bürger frei und legal erhältlich sein? 39 Prozent der Befragten sagten Ja. 16 Prozent der Berliner wollen Cannabis als Rauschgift komplett verbieten. 45 Prozent sind für die gegenwärtige Regelung, bei dem es Ausnahmen zu medizinischen Zwecken gibt.

Egal wie das BfArM entscheidet: Die Kreuzberger hätten einen weiteren Stein ins Rollen gebracht, sagte am Montag Andreas Ganter vom Therapieladen. Sein Team setzt sich wie viele andere Suchthilfeprojekte für eine regulierte Abgabe an Erwachsene ein. „Jetzt geht es darum, dass andere Kommunen nachziehen und die Diskussion auf Bundesebene vorangetrieben wird.“

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