Regierungstruppen besetzen Bengasi: Erfolg gegen Islamisten?

Libysche Soldaten haben Bengasi zurückerobert. Unterdessen greift der IS anderswo an. Wegen anhaltender Kämpfe herrscht weiter Chaos.

Mann mit Kalaschnikow und libyscher Flagge steht für zerstörten Häusern. In seinem Gesicht deutet sich ein Lächeln an.

So sieht im Libyschen Bengasi ein „vollständig befreiter“ Stadtteil aus. Foto: ap

BENGASI/KAIRO/TRIPOLIS afp/ap/dpa | Soldaten der international anerkannten Regierung Libyens haben nach eigenen Angaben die Stadt Bengasi nach zweijährigen Kämpfen vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Der Sieg der Truppen des einflussreichen Generals Chalifa Haftar über islamistische Milizen im Osten der Stadt wurde der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag auch von Einwohnern bestätigt.

Haftar rief in einem Video dazu auf, den Erfolg zu feiern. Einzelne noch verbliebene Islamisten würden nun nach und nach ausgeschaltet. Der General äußerte die Hoffnung auf einen „abschließenden Sieg im ganzen Land“.

Zuerst war der Stadtbezirk Lithi, der in Anspielung auf die Taliban in Afghanistan auch als „Kandahar von Bengasi“ bezeichnet wurde, „vollständig befreit“ worden, teilte ein Sprecher der Sondereinheiten mit.

Der Stadtbezirk Lithi in Bengasi war zuvor von Kämpfern der IS-Miliz sowie der Gruppe Ansar Ascharia gehalten worden, die dem Al-Kaida-Netzwerk nahesteht. Die für die international anerkannte Regierung kämpfenden Truppen unter Haftar hatten am Samstag ihre Offensive in Bengasi begonnen.

Parlamentsabstimmung scheitert

Die rivalisierende Gegenregierung in Tripolis, welche die teils islamistischen Milizen in Bengasi unterstützt hatte, verurteilte den Vormarsch. Dieser könne „die Bemühungen um eine friedliche Lösung der politischen Krise“ zum Erliegen bringen.

Unterdessen scheiterte ein weiterer Versuch, eine Vertrauensabstimmung des Parlaments im ostlibyschen Tobruk für die neue Regierung der nationalen Einheit zu organisieren. Da die erforderliche Zahl von 89 Abgeordneten nicht erreicht wurde, wurde die Abstimmung auf die kommende Woche verschoben.

Nach langem Tauziehen war in der vergangenen Woche eine neue, unter UN-Vermittlung zustande gekommen Einheitsregierung vorgestellt worden; auf sie richten sich die Hoffnungen, um Gewalt und Chaos in Libyen zu beenden.

IS nutzt die Lage

Libyen wird seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 von konkurrierenden Milizen beherrscht. Sie ringen neben zwei rivalisierenden Regierungen und Parlamenten in Tobruk und Tripolis um die Macht. Der IS nutzt die Lage, um sich im Land auszubreiten.

IS-Kämpfer starteten indes eine neue Offensive gegen die Stadt Derna rund 300 Kilometer östlich von Bengasi. Sechs Kämpfer sowie ein IS-Kämpfer wurden laut Verantwortlichen vor Ort getötet.

Am frühen Mittwochmorgen besetzte zudem ein Ableger des IS für kurze Zeit die Sicherheitszentralen von Sabrata und enthauptete dort zwölf Offiziere. Die Extremisten hatten für ihren Angriff am Mittwochmorgen in der Küstenstadt einen Moment genutzt, als das Militär mit Razzien an anderen Orten beschäftigt war, wie der Chef des Militärrates der Stadt, Taher al-Gharabili, der Nachrichtenagentur AP sagte. Die Attacke zeigt nach Meinung von Beobachtern die Fähigkeit des IS, unvorhersehbar anzugreifen.

Sabrata mit seinen rund 100 000 Einwohnern liegt etwa 70 Kilometer westlich von Tripolis nahe der tunesischen Grenze. Die Küstenstadt dient vielen Flüchtlingen und Migranten als Sprungbrett für die Überfahrt über das Mittelmeer nach Europa. Sie ist das jüngste Machtzentrum des IS in Libyen und gilt als Drehscheibe für Dschihadisten. Vergangene Woche wurden hier bei Luftangriffen der US-geführten Allianz Dutzende mutmaßliche IS-Kämpfer sowie zwei serbische Geiseln der Terrormiliz getötet.

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