Regierungskritiker in Kamerun: Freiheit definiert sich im Gefängnis

Der kamerunische Schriftsteller Patrice Nganang bleibt wegen „Beleidigung des Präsidenten“ in Haft. Daran gibt es weltweit Kritik.

Ein mann mit Brille tritt durch eine Doppelür

Seit Anfang Dezember in Haft: Patrice Nganang forderte einen Regimewechsel in Kamerun Foto: imago/Leemage

BERLIN taz | Patrice Nganang, der inhaftierte kamerunische Schriftsteller, bleibt in Haft. Bei seiner Vorführung vor den Richter in Kameruns Hauptstadt Yaoundé am Freitag wurde das Verfahren gegen ihn auf den 19. Januar vertagt, und er wurde in sein Hochsicherheitsgefängnis zurückgebracht.

Am Abend des 6. Dezember war Nganang am Flughafen von Douala in Kamerun festgenommen worden, als er das Land verlassen wollte. Nganang, der seit Jahrzehnten im Exil lebt, hatte zuvor mehrere Wochen in seinem Heimatland verbracht und am Ende einen Brandtext gegen das rigorose Vorgehen des autoritären kamerunischen Staates im Kampf gegen Separatisten und „Terroristen“ im anglofonen Westen des Landes veröffentlicht.

Weil Nganang einen Regimewechsel in Kamerun forderte, dessen Präsident Paul Biya seit 35 Jahren an der Macht ist, und weil er auf Facebook dem 82-jährigen Biya explizit den Tod an den Hals gewünscht haben soll, hat die Staatsanwaltschaft ihn der „Beleidigung des Präsidenten“ bezichtigt. Sie wirft dem Kameruner auch vor, einen kamerunischen Pass zu besitzen, obwohl er auch einen US-Reisepass hält – in Kamerun ist die doppelte Staatsbürgerschaft nicht vorgesehen, obwohl viele einflussreiche Leute zwecks Reiseerleichterung einen europäi­schen Zweitpass halten, wie Kritiker anmerken.

Wie man einen US-Amerikaner wegen Beleidigung des kamerunischen Präsidenten einsperren kann, haben Kameruns Behörden nicht näher erläutert. Die Anschuldigung soll mittlerweile modifiziert worden sein.

Patrice Nganang hat in Deutschland studiert und lehrte zuletzt in New York Literatur. Mit seiner Festnahme ist er zum Helden geworden. Eine Onlinepetition afrikanischer Schriftsteller für seine Freilassung hat bis Freitagmittag über 7.000 Unterstützer gefunden. Die Universität Princeton, wo der Kameruner kommendes Jahr eine Gastprofessur antreten soll, hat einen offenen Brief mit 661 Unterschriften veröffentlicht, 249 davon von Professoren.

Zum Schweigen lässt sich Patrice Nganang nicht bringen. „Die Morgenröte einer neuen Republik“ lautet die Überschrift eines Textes, den er aus der Haft verbreitet hat. „Schreiben“, formuliert er, „gründet auf Freiheit, Mut und Ehrlichkeit. […] Heute definiert sich Freiheit in Kamerun im Gefängnis. Es ist der Ort, an dem Mut und Ehrlichkeit die Republik von morgen schaffen.“ Kamerun brauche eine neue Verfassung, einen neuen Gesellschaftsvertrag, um „die Klugheit, die Fantasie“ der Kinder Kame­runs einzusetzen. „Dass dies nur auf der Asche dieses Regimes möglich ist, steht außer Frage.“ Logisch, dass Nganang hinter Gittern bleibt – und dass man sich weiter für ihn einsetzt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.