Redeverbot im Hörsaal: Gysis müssen draußen bleiben

Eine Veranstaltung mit dem Fraktionschef der Linken ist der Freien Universität Berlin zu politisch. Sie stellt dafür keinen Raum bereit.

Nein, Sie haben sich nicht verhört, Herr Gysi. Die FU lässt sie nicht in den Hörsaal. Bild: dpa

BERLIN taz | Gleich nach seiner ersten offiziellen Bundestagssitzung kann Oppositionsführer in spe, Gregor Gysi, zivilen Ungehorsam üben. Weil die Freie Universität Berlin eine Veranstaltung mit dem Fraktionschef der Linken nicht genehmigte, tritt Gysi am späten Dienstagnachmittag im Foyer der Hochschule auf. Bei einem Teach-in, sprechen Gysi und die ebenfalls ausgeladene Caratina Principe – eine portugisische Aktivistin – über das Thema „Europa in der Krise, Deutschland in der Krise?“

Die der Linkspartei nahestehende Hochschulgruppe SDS.Die Linke hatte Ende September um einen möglichst großen Raum beim Präsidium für eine Veranstaltung mit Gysi gebeten. Nach mehrmaligem Nachfragen der Studierenden, schickte das Präsidium schließlich eine Absage mit der Begründung: „Dass es sich um eine politische Veranstaltung handelt und nicht um eine Erstsemesterauftakthandlung.“

Auf Nachfrage der taz konkretisiert der Sprecher des Präsidiums Goran Krstin: „Einzelnen Parteien oder ihren Vertretern bietet die Universität keine Plattform für allgemeinpolitische Positionierungen an der Hochschule.“ Diese Entscheidung richte sich nicht gegen speziell eine Partei oder Gysi selbst. „Wir haben Herrn Gysi auch über die Beweggründe unserer Entscheidung informiert“, teilt Krstin mit.

Für Ole Guinand von der linken Hochschulgruppe riecht das nach „Willkür“. Denn im Mai durfte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble über die Zukunft Europas im Großen Hörsaal dozieren und wurde von FU-Präsident Peter-André Alt persönlich begrüßt.

„Eine Veranstaltung mit Gysi und einer linken Aktivistin passte dem Präsidium einfach nicht in den Kram. Das ist nicht gut fürs Prestige“, vermutet Guinand. Die linke Hochschulgruppe hat sich kurzerhand entschlossen, am Nachmittag das Foyer zu besetzen, obwohl das nicht ohne Risiko ist. Das Präsidium könnte von seinem Hausrecht Gebrauch machen und die unangemeldete Versammlung räumen lassen.

Der Allgemeine Studierendenausschuss, AStA, beobachtet seit einiger Zeit, dass die Freie Universität rigider gegen politisch aktive Studenten vorgeht. So entfernte der Wachschutz Flyer und Plakate, unter anderem für eine studentische Vollversammlung, und berief sich dabei auf eine Dienstanweisung des Präsidiums.

Für eine zum Semesterauftakt geplante Veranstaltung zum Thema Menschenrechte mit einem Redakteur der Zeitung Gegenstandpunkt versagte das Präsidium ebenfalls einen Raum. Begründung: für eine allgemeinpolitische Veranstaltung stelle die FU keine Räume bereit. Der Asta spricht von politischer Zensur und erwägt rechtliche Schritte.

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