Record Release Konzert: Und dann wird es kosmisch

Freddy Fischer & His Cosmic Rocktime Band begeistern mit ihrer eleganten Musik. Am Samstag präsentieren sie ihr neues Album im Lido.

Freddy Fischer und seine Band machen elegante Musik Foto: Promo

„Irgendwann kommst du an den Punkt, wo es mit Wut einfach nicht mehr weitergeht, und dann fängst du an zu tanzen“, sagt Ron. „Dann wird es kosmisch“, fügt Freddy hinzu. Kosmisch – diese Beschreibung dürfte ziemlich genau die Stimmung treffen, die Freddy Fischer und seine Band auf ihrem aktuellen Album „In dem Augenblick“ vermitteln und mit der sie auch bei jedem ihrer Auftritte das Publikum konsequent für sich gewinnen können.

Da wäre zunächst einmal Freddy selbst zu nennen, der – wahlweise im Smoking oder Rollkragenpullover – immer mit überlangen Koteletten und einer gigantischen Hornbrille auftritt. Wenn er dann mit tatkräftiger Unterstützung der Band in die Orgeltasten haut, dazu eingängige Textzeilen trällert und dabei immer nah am Publikum bleibt, dann fängt es an zu glitzern – sowohl auf der Bühne als auch im Publikum.

Auch wenn die Band selbst nicht gut auf den Begriff der Unterhaltungsmusik zu sprechen ist – ihr Gesamtauftritt hat etwas durchaus Unterhaltsames, was auch nicht verwerflich ist. Die Menschen fangen an zu tanzen und sich des Lebens zu freuen, egal wie mürrisch oder traurig ihre Mienen vorher wirkten.

Menschenrechtsverbrechen, humanitäre Katastrophen, internationaler Terrorismus: Das Weltgeschehen um uns herum scheint aus den Fugen zu geraten. Und während sich vielerorts Menschen besorgt über die Möglichkeit eines dritten Weltkrieges austauschen, macht Freddy Fischer mit seiner Band Disco.

Freddy Fischer & His Cosmic Rocktime Band (Release Show): Lido, Cuvrystraße 7, 7. 1., Beginn 20.30 Uhr, AK 16 €

Beim Lesen des Wortes Disco mag der gewiefte Leser schnell an die 70er Jahre denken, an Funk, Soul und Jazz, an Manfred Krug – und im selben Zuge auch an Schlager: Unterhaltungsmusik eben. Schlager, das ist vordergründig zunächst einmal sehr gefällige Musik. Musik, die weder etwas zu wollen noch zu können scheint – außer ihren Zuhörern eine „heile Welt“ zu vermitteln und jegliche Zweifel an deren tatsächlicher Existenz konsequent und offensichtlich zu umschiffen. So das Klischee.

Genau dieses Klischee ist es, gegen das Freddy Fischer mit seiner Band bewusst ansteuern möchte: „Uns geht es um den Menschen und das, was ihn ausmacht. Das hauen wir in unserer Musik dann auch ganz direkt raus“, so der Frontmann.

Das neue Album "In dem Augenblick" ist ab dem 16. Januar im Handel erhältlich, Audio-CD und Vinyl, 14,99 €

Unmittelbarkeit und Authentizität also statt Verblendung und klebriger Seifenblasen? „Genau darum geht es: nichts auszublenden und aber trotzdem, mit all dem Mist im Gepäck, der einem widerfahren kann, das Leben zu zelebrieren“, so Bassist Ron Rocktime. „Es ist eher so eine ganzheitliche gute Laune, um die es uns geht.“

Diese Absicht ist auch auf dem aktuellen Album der vierköpfigen Band „In dem Augenblick“ eindeutig hörbar, sowohl in den Funk-, Soul- und Jazzelementen, die in den Songs mitschwingen, als auch in den Texten. „Alles, was bleibt, ist meine Liebe zu dir“, „Ich hab mein Herz an dich verloren, als du sagst, dass du mich liebst“, „Und deine Liebe ist und war doch immer frei“.

Zeilen, über die keine großen Worte mehr verloren werden müssen, weil einfach klar ist, was gemeint ist. „Liebeslieder sind immer sehr real. Deswegen sind sie auch absolut kein ‚Partyding‘ “, so Freddy. Auf die geäußerte Vermutung hin, dass er vielleicht an einigen Stellen des Albums mit dieser musikalischen Form kokettiere, wirkt er fast entrüstet: „Die Lieder sind zu keiner Sekunde auch nur einen Millimeter ironisch gemeint.“

Nicht nur die Songtexte selbst sind es, die die Echtheit der Band ausmachen, sondern auch deren Aufgebot an mechanischen Musikinstrumenten aus der Zeit der Discoära: Hammondorgel und Fender-Rhodes-Piano, beide gespielt von Freddy himself, sind bei jedem Auftritt dabei und haben bereits diverse Transporte überlebt.

Das Konzept der „ganzheitlichen guten Laune“ scheint sowohl sparten- als auch altersübergreifend ansteckende Wirkung zu haben: „Unser Publikum ist total bunt gemischt. Es sind viele ältere Menschen auf den Konzerten, aber auch viele Kinder. Die verstehen uns manchmal besser als einige Erwachsene“, erzählt Freddy.

Bis zur Entstehung des aktuellen Albums, das übrigens ausschließlich aus Liebesliedern besteht, hat die Band sowohl musikalisch als auch jeweils individuell einen erstaunlichen Weg zurückgelegt: Seit der offiziellen Gründung 2001 war die Band sieben Jahre lang bei einem Punklabel unter Vertrag.

Sich ganz tief und ehrlich des Lebens erfreuen, das geht nur, wenn man genau das Gegenteil von dem tut, was das Schlagerklischee besagt. Statt Verdrängung, Weggucken oder Dagegen-Anrennen ist also Annehmen angesagt – in Wut, Trauer und Ohnmacht aufgehen, damit etwas Neues entstehen kann: Raum für die ganzheitliche gute Laune. Die Musik Freddy Fischers und seiner Band ist vieles, aber kein Schlager.

Auch wenn die Anwendung solcher beinahe therapeutischen Konzepte wohl nur auf individueller Ebene funktioniert und sich so keine globalen Problemlagen lösen lassen, muss trotzdem gefeiert werden, um bei Kräften und bei Laune zu bleiben – und da ist es manchmal auch ganz egal, warum und wofür, Hauptsache, mit viel Glamour. Am Ende des Gesprächs resümiert Ron sehr zutreffend: „Letztlich geht es doch um den liebevollen Umgang miteinander.“

Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer Donnerstags in der Printausgabe der taz

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