Rechtsstreit um den Suhrkamp Verlag: Insolvenz oder nicht?

Nachdem der Minderheitsgesellschafter vorerst auf sein Geld verzichtet, schien die Verlagspleite abgewendet. Nun gibt es eine neue Gerichtsentscheidung.

Das neue Urteil ist eine ziemliche Klatsche für Verlagsleiterin Ulla Unseld-Berkéwicz. Bild: dpa

Wie pleite ist Suhrkamp nach der neuesten Gerichtsentscheidung? Laut Minderheitseigentümer Hans Georg Barlach ist der Verlag endgültig „vor der Insolvenz gerettet“. Laut Verlagssprecherin Tanja Postpischil wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt mit seinen Konsequenzen „im Augenblick durch den Verlag und seine Berater geprüft“. Die Prüfung könnte länger dauern, die Lage ist nämlich kompliziert.

Seit Barlach sich 2006 bei Suhrkamp einkaufte, liefert er sich mit Verlagsleiterin Ulla Unseld-Berkéwicz vielfältige juristische und publizistische Gefechte. In einem früheren Gerichtsverfahren hatte Barlach darum gekämpft, dass ihm eine Gewinnausschüttung zusteht. Unseld-Berkéwicz hatte über ihre Anwälte dagegengehalten. Aber das Gericht erkannte Barlach 2,2 Millionen Euro zu.

Suhrkamp beantragte daraufhin im Mai dieses Jahres ein Schutzschirm-Insolvenzverfahren, weil der Verlag so viel Geld nicht auftreiben könne. Barlach erklärte daraufhin, auf die Auszahlung des ihm zustehenden Gewinns so lange zu verzichten, bis der Verlag wieder genug Geld hat. Die Insolvenz schien abgewendet.

Gewinnausschüttung verlangt

Anschließend verlangte aber die Familienstiftung, über die Unseld-Berkéwicz die Mehrheit der Suhrkamp-Anteile hält, eine Gewinnausschüttung des Verlags. Diese Forderung ist „rechtsmissbräuchlich“, entschied nun das Landgericht Frankfurt. Offensichtlich werde die Forderung nur deshalb erhoben, um Suhrkamp in die Insolvenz zu schicken und Barlach so „aus der Gesellschaft zu drängen oder [seine] Stellung als Gesellschafter zu schwächen“. Dies sei allerdings „weder Sinn und Zweck eines Insolvenzverfahrens noch mit den Treuepflichten eines Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft vereinbar“.

Das Gericht zitiert zudem den alten Rechtsgrundsatz, wonach „venire contra factum proprium“ – das Handeln entgegen früheren Verhaltens – unzulässig ist. Weil Unseld-Berkéwicz in dem früheren Gerichtsverfahren gegen eine Gewinnausschüttung für Barlach war, kann sie jetzt nicht selbst einseitig eine für sich beanspruchen.

Das Urteil ist eine ziemliche Klatsche für Unseld-Berkéwicz. Was bisher nur vermutet wurde, hat erstmals auch ein Gericht festgestellt: dass die Insolvenz ein bewusster Schachzug ist, um den verhassten Miteigentümer aus dem Unternehmen zu drängen und die alleinige Kontrolle zu erlangen.

Das Landgericht Frankfurt hat allerdings im Rahmen des Eilverfahrens lediglich angeordnet, dass Unseld-Berkéwicz vorübergehend auf ihre Forderung verzichten muss – bis zum Ende des Schutzschirmverfahrens, also für wenige Wochen. Was danach passieren könnte? Wird noch geprüft.

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