Rechtsrock zum Schulabschluss: Und alle singen mit

Bei ihrer Abschlussfeier singen Schüler einer rheinland-pfälzischen Schule ein Lied von der Rechtsrockband Sleipnir. Die spielt regelmäßig auf NPD-Veranstaltungen.

„Verlorene Träume“: Lied einer Rechtsrock-Band zur Abschlussfeier. Bild: Screenshot: taz

BERLIN taz | Die Mädchen tragen lange Kleider und hohe Schuhe, die Jungen stehen im Jackett auf der Bühne. Einen Strauß weißer Blumen zur Linken, rechts das Rednerpult: Die zehnte Klasse einer Gesamtschule im rheinland-pfälzischen Kirchberg feiert ihren Schulabschluss. Ihr Abschlusslied heißt „Verlorene Träume“, geschrieben von der Rechtsrockband Sleipnir.

Ein Video, vor knapp einem Monat ins Internet gestellt, zeigt die rund 25 Schüler, wie sie alle gemeinsam das Sleipnir-Lied singen, begleitet „von der Schulband“, schreibt der Nutzer, der die Bilder aus der Kirchberger Stadthalle im Internet veröffentlicht hat.

Die Band Sleipnir ist dem Verfassungsschutz „als rechtsextremistische Band“ bekannt. Zwar ist weder der dargebotene Titel „Verlorene Träume“ noch das Album, auf dem er erschien, strafrechtlich relevant, heißt es dort. Doch Sleipnir gelte als eine der zentralen deutschen Rechtsrockbands, sagt Felix Hansen vom Antifaschistischen Infobüro Rhein-Main.

Sie spiele regelmäßig auf NDP-Veranstaltungen. Ihr Song „Eine Jugend rebelliert“ sei in der Szene sehr populär. Er ruft Jugendliche zum rechten Umdenken auf: „Das System bescheißt uns alle und jeder ist gefragt, ob du Glatze hast oder nicht, ist völlig scheißegal!“

Unscheinbarer Einstieg in rechtes Gedankengut

Im Lied der Kirchberger Abschlussklasse geht es dagegen um einen nostalgischen Rückblick auf Schulzeit und Jugend. Es heißt dort etwa: „Wir gingen schon damals in die gleiche Schule, es kamen die ersten Träume und Ideale, wir rebellierten oft ohne Verstand.“ „Der Text wirkt unpolitisch“, sagt Hansen vom Infobüro, sei es aber nicht: „Musik ist ein Türöffner“, sagt er, ein unscheinbarer Einstieg in rechtes Gedankengut.

Ähnlich sieht das auch die zuständige Schulaufsicht in Trier. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme mit der rheinland-pfälzischen Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) heißt es, die Auswahl des Liedes dieser Band durch die Schüler zeige „deren bedauerliche jugendliche Naivität“.

In Reaktion auf die Feier sollen zunächst alle Schulleiter der weiterführenden Schulen im Raum Trier über den Vorfall informiert werden. Künftig sollen sie dann persönlich „über die Inhalte von Veranstaltungen, die von Schülern organisiert werden, entscheiden“.

Im Internet verweist ein Kommentar, offenbar von einem Schüler, aber auch auf die Lehrer. Dort steht: „Die Lehrer wussten das teilweise … Viele sind einfach rausgegangen, als wir angefangen haben zu singen …“

Fester Bestandteil der Schulhof-CDs

Beim Polizeipräsidium Koblenz, für derlei Anfragen zuständig, sei im Vorfeld keine Anfrage zum Gedankengut des Liedtextes eingegangen, sagt deren Sprecher. Dass sich keiner der Lehrer informiert hätte, das habe ihm auch die Schulleitung der Gesamtschule bestätigt. Für die taz war diese am Donnerstag nicht zu erreichen.

Der Hunsrück, in dem der kleine Ort Kirchberg liegt, sei eigentlich nicht für eine auffällige rechte Jugendkultur bekannt, sagt Hansen. Doch der Rechtsrock von Sleipnir sei schon immer ein fester Bestandteil der Schulhof-CDs gewesen, die auch die NPD verteilte.

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