Rechtspopulismus: Wut über die eigene Armseligkeit

In Hannover demonstrieren 19.000 Menschen gegen Pegida. Die bringt nicht einmal 200 Anhänger auf die Straße – aber die CDU in Schwierigkeiten.

Zigtausende gegen Rechtspopulisten: Hannover Bild: dpa

HANNOVER taz | Die Wut der nicht einmal 200 Verwirrten, die am Montagabend zum Pegida-Aufzug an Hannovers Steintor aufmarschierten, war riesig: „Ihr gehört doch ins KZ nach Dachau“, beschimpfte einer von ihnen die Gegendemonstranten, die sich den Rechtspopulisten und Rechtsextremen in den Weg stellten. „Ihr wollt, dass unsere Kinder sterben“, jammerte ein anderer – Schimpfkanonaden auf die „verschissene deutsche Presse“ inklusive.

Dabei war die eigene Armseligkeit der Grund für den Frust, der sich in Hannover „Hagida“ nennenden Nationalisten. Sie mussten erkennen, dass aus ihrer groß angekündigten Demonstration durch Teile der Fußgängerzone hin zum zentralen Kröpcke-Platz nichts werden würde. Mehrere hundert Linksautonome blockierten den Hagida-Aufzug und drängten die Rechtspopulisten zusammen. Zu verstehen war nicht einmal deren Rede: Ihr batteriebetriebenes Megaphon streikte.

Nichts geschenkt bekamen die Hagida-Anhänger, darunter stadtbekannte Rechtsextreme wie die NPD-Frontfrau Christina Krieger und Ronny Damerow, Ex-Mitglied der verbotenen Neonazi-Truppe „Besseres Hannover“, von den Linksautonomen. Die prangerten den Hagida-Rassismus nicht nur auf Transparenten und Sprechchören an – es flogen auch Silvesterknaller und Zitronen. Auf beiden Seiten kam es immer wieder zu Rangeleien, bis der Hagida-Versammlungsleiter den rechten Aufzug gegen 19 Uhr für beendet erklärte.

In Schwierigkeiten bringt die Hagida auch Hannovers CDU. Deren Ratsherr Kurt Fischer, der schon im Vorfeld für den Aufmarsch geworben hatte, ließ es sich nicht nehmen, sich unter die Rechtsextremen zu mischen. Begleitet wurde Fischer, der die CDU im Umweltausschuss der Landeshauptstadt vertritt, den Klimawandel aber für nicht menschengemacht hält, dabei von Gerhard Dirscherl, der als Bürgervertreter auf einem Ticket der Christdemokraten in den Ausschuss gehievt wurde.

In Braunschweig sorgt die für kommenden Montag angekündigte lokale Pegida-Demonstration für Aufsehen. Der Aufmarsch der Rechtspopulisten, die sich Bragida nennen, scheint unsicher.

Offenbar werden der Polizei immer neue Verantwortliche für den rechten Aufzug präsentiert. Aktuell kennen die Beamten bereits zwei potenzielle Anmelder, ein weiterer Wechsel soll aber schon angekündigt worden sein.

Am Montag erwartet werden maximal 300 Rechtspopulisten - und zwischen 3.000 und 4.000 Gegendemonstranten.

Kommunalpolitiker wie der Grüne Pat Drenske fordert jetzt ein Machtwort vom Vorsitzenden der CDU-Ratsfraktion, Jens Seidel. Der aber hat klargemacht, dass er von einem Parteiausschlussverfahren gegen Fischer nichts hält – schließlich hat selbst CDU-Landtagsfraktionschef Björn Thümler Verständnis für Pegida gezeigt und betont, er werde sich auf keinen Fall an einer Gegendemonstration beteiligen.

Anschluss an die Mehrheitsgesellschaft suchte dagegen Hannovers CDU-Kreisverbandschef Dirk Toepffer. Der Fan schwarz-grüner Gedankenspiele war unter den 19.000 Demonstranten des Bündnisses „Bunt statt Braun“ – und plauderte mit grünen Landtagsabgeordneten.

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