Rechtspopulismus in Österreich: Traum vom Einmarsch in Afrika

Ein FPÖ-Abgeordneter halluziniert über die gewaltsame Einrichtung von Anlandeplattformen für Flüchtlinge in Libyen. Vizekanzler Strache wiegelt ab.

FPÖ-Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache

Schönreden geht immer: FPÖ-Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache Foto: reuters

WIEN taz | Militärische Landnahme in Nordafrika sollte eine Option sein. Mit dieser Idee katapultierte sich der sonst eher unscheinbare FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch vor einigen Tagen in die Schlagzeilen.

Der Vorarlberger Oberst der Reserve und Nationalratsabgeordnete hatte in einem Interview mit Vorarlberger Online-Zeitung Neue am Sonntag über die praktische Umsetzung der von mehreren Politikern angedachten „Anlandeplattformen“ auf afrikanischem Territorium geplaudert. Selbst in der ÖVP, die sonst die Worteskapaden des Koalitionspartners am liebsten unkommentiert lässt, zeigt man sich darüber beunruhigt.

Dem Sturm der Empörung von Seiten der Opposition begegnete Bösch zunächst mit der Erklärung, er sei falsch verstanden worden: eine legal eingerichtete Plattform sei auch militärisch abzusichern. Nichts anderes habe er gesagt. Die Redaktion legte daraufhin die Tonaufnahme des Interviews vor.

Auf die Schwierigkeiten, mit einer instabilen libyschen Regierung ins Geschäft zu kommen, hingewiesen, führte er wörtlich aus: „Und wenn das nicht funktioniert, dann ist das auch nach meiner Auffassung mit verschiedensten militärischen und polizeilichen (Mitteln) einfach durchzuführen. Also einen Raum in Besitz zu nehmen vonseiten der Europäischen Union, ihn zu sichern, dort auch Versorgungseinrichtungen für diese Menschen einzurichten und dann diese Menschen zurückzubringen in ihre Heimatländer.“ Im Klartext: EU-Truppen sollten in Libyen einmarschieren und ein solches Lager gewaltsam einrichten.

Ungeschickt formuliert

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache versuchte den martialischen Plan als „ungeschickt formulierten Diskussionsbeitrag“ schön zu reden und erhielt indirekt Rückendeckung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der jede Stellungnahme mit der Begründung ablehnte, dass Bösch weder seiner Partei noch seiner Regierung angehöre: „Insofern ist er auch nicht meine Angelegenheit“.

Anders Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, die diese Sprachregelung offenbar noch nicht übermittelt bekommen hatte, als sie am Mittwoch vor dem Ministerrat angesprochen wurde. „Er sollte dahingehend schleunigst Stellung nehmen“, ließ sie Reinhard Bösch ausrichten.

Beunruhigend sind Kommentare in den sozialen Medien, die am Einsatz kriegerischer Mittel nichts Schlechtes finden können, wenn es darum gehe, Flüchtlinge von Europa fernzuhalten. In jedem Fall gelingt es der FPÖ aber ständig, mit ihrem Leib- und Magenthema Migration/Asyl Stimmung zu machen, gerne auch mit falschen Fakten.

So hatte FPÖ-Fraktionschef Johann Gudenus jüngst „aufgedeckt“, dass der Verfassungsschutz gegen einen „Vorzeigeasylwerber“ wegen Terrorismusverdachts ermittle. Es stellte sich heraus, dass Gudenus den Afghanen selbst angezeigt hatte, weil der einen afghanischen Ableger der libanesischen Hezbollah auf Facebook „geliked“ haben soll.

Allerdings handelt es sich nicht um den bestens integrierten Lehrling, den Bundespräsident Alexander Van der Bellen und der Grüne Landesrat Rudi Anschober kürzlich besucht hatten. Verwechslung oder Absicht? Gudenus gibt Anschober die Schuld. Den falschen Namen habe er von dessen Website.

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