Rechtsextremismus: Eltern fürchten Ungeist

Erzieherin aus neonazistischem Umfeld darf wieder in Lüneburger Kindergarten arbeiten. Rechtlich lasse sich das nicht verhindern, teilt der Oberbürgermeister mit. Kita-Eltern kündigen Proteste an

Hier ließ auch die Erzieherin Birkhild Th. ihre Kinder drillen: die inzwischen verbotene neonazistische "Heimattreue Deutsche Jugend" Bild: dpa

HAMBURG taz | Birkhild Th. wird wieder Kinder betreuen. Wie Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mägde (SPD) der Initiative „Eltern gegen rechts“ mitteilte, soll die aus einem rechtsradikalen Umfeld stammende Erzieherin wieder in dem Kindergarten Marienplatz arbeiten. Rechtliche Möglichkeiten, diese Beschäftigung zu verhindern, sehe er nicht, so Mägde. „Wir sind über diese Entwicklung geschockt, wir können nicht glauben, dass unsere Bedenken nichts zählen“, sagte ein Sprecher der Elterninitiative.

Im August 2010 hatte die taz erstmals über den rechtsradikalen Hintergrund der Erzieherin berichtet, die mit ihrer Familie nahe Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern lebt. Birkhild Ths. Ehemann Andreas ist NPD-Kommunalpolitiker und arbeitet im Büro des NPD-Fraktionschefs im Schweriner Landtag, Udo Pastörs. Sie ließ ihre Kinder zu NPD-Kinderfesten und schickte sie auch zur „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ), die 2009 wegen „Heranbildung einer neonazistischen Elite“ verboten wurde.

In der Lüneburger Kita hat Birkhild Th. nur wenige Tage gearbeitet. Die Eltern waren entsetzt, als sie erfuhren, wer da ihre Kinder betreute und schlugen Alarm. Die Stadt kündigte an, die Beschäftigung zu beenden. Birkhild Th. meldete sich krank. Die Stadt nahm den Fall zum Anlass, alle städtischen ErzieherInnen eine Erklärung unterschreiben zu lassen, wonach sie „nicht Mitglied einer extremistischen Gruppierung“ seien. Diese Erklärung gab auch Th. ab.

Das Kita-Gesetz von 2002 enthält Vorschriften, die mit rechtsextremem Gedankengut unvereinbar sind. Darin heißt es zum Auftrag der Kindergärten, sie sollten:

die Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen erzieherisch fördern und den Umgang von behinderten und nicht behinderten Kindern sowie von Kindern unterschiedlicher Herkunft und Prägung untereinander fördern. Weiter heißt es:

Die Tageseinrichtungen arbeiten mit den Familien der betreuten Kinder zusammen, um die Erziehung und Förderung der Kinder in der Familie zu ergänzen und zu unterstützen. Dabei ist auf die besondere soziale, religiöse und kulturelle Prägung der Familien der betreuten Kinder Rücksicht zu nehmen.

Ein Versuch, Th. in die weniger problematische Tagespflege zu versetzen, scheiterte vor dem Arbeitsgericht Lüneburg: Dieses entschied im Oktober, dass die Erzieherin wieder in dem Kindergarten arbeiten darf. Eine Versetzung wegen der NPD-Mitgliedschaft des Ehemanns sei nicht rechtens: „Auf die politische Gesinnung ihres Ehemannes kam es für die Entscheidung aus rechtlichen Gründen nicht an.“

Als Reaktion darauf organisierte die Elterninitiative, die 40 der insgesamt 60 Kinder der Einrichtung vertritt, am 31. Oktober einen Streik.

Um die Eltern zu beschwichtigen, organisierte die Stadt im März ein Gespräch zwischen Vertretern der Initiative und der Erzieherin. Danach allerdings sah sich die Initiative in all ihren Befürchtungen bestärkt. In dem Gespräch habe Th. „eingeräumt, mit ihren Kindern bei der HDJ gewesen zu sein und die Rückkehr an die Kita trotz der massiven Gegenwehr und klaren Ablehnung aus Prinzip durchsetzen zu wollen“, sagte ein Sprecher der Initiative. Die Frau habe lediglich zugegeben, was ohnehin unbestreitbar gewesen sei, und sich im Übrigen als unpolitisch darzustellen versucht.

Die Elterninitiative will sich mit der Rückkehr von Birkhild Th. nicht abfinden. „Wir werden eine Reaktion abstimmen, wenn sie zurückkehrt“, kündigt ein Vater an. Man wolle dafür sorgen, dass Ähnliches nicht wieder geschieht. Kürzlich hätten die Eltern den Fall dem Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus vorgestellt. Wie schon bei dem Streik wolle man Alternativangebote schaffen und selbst betreuen.

Versuche, die Kinder in anderen Tagesstätten unterzubringen, hätten nur Absagen eingebracht, sagte der Vater. Die Stadt habe lediglich angeboten, den Eltern bei den Kündigungsfristen entgegenzukommen. „Wir haben keine anderen Plätze in ausreichender Menge zur Verfügung“, so Stadtsprecherin Suzanne Moenck.

Der Vater aus der Initiative räumte zwar ein, Birkhild Th. sei in ihrer früheren Kita sehr beliebt gewesen, trotzdem möchte er sein Kind nicht von ihr betreut wissen. Erzieher wirkten auch unterhalb der Schwelle des Justiziablen auf die Kinder ein, sagt er – und sei es nur, dass sie beispielsweise farbigen Kindern nicht ganz so schnell helfen. „Ich möchte nicht, dass mein Sohn mal feststellt: Ich hatte eine Erzieherin aus dem rechten Milieu, die war eigentlich ganz nett.“

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