Rechter Kämpfer bei MMA-Event: Mit Hakenkreuz unter der Achsel

„Mixed Martial Arts“-Veranstaltungen ringen mit einem schlechten Ruf. Nun tritt in Bremen auch noch ein Kämpfer mit einschlägigen Tätowierungen an.

Die Kampfsport-Events, wie hier 2013 in Bremen, ringen um einen besseren Ruf. Das Team von Grapple&Strike positionierte sich damals eindeutig. Bild: JPB

BREMEN taz | Schläge, Tritte, Hebel und Würgetechniken – wenn heutzutage von MMA, den „Mixed Martial Arts“, die Rede ist, rümpfen nicht mehr ganz so viele die Nase. Dass es beim Kampf im Stehen und am Boden viele Regeln gibt und er Menschen aller Schichten begeistert, hat sich herumgesprochen. Gleichwohl ringt MMA mit seinem Image: Bis heute ziehen die Kampfsport-Events auch Zuhälter, Bandenrocker oder Neonazis in die Hallen.

In Bremen findet nun am Samstag eine solche Veranstaltung im „Pier 2“ statt: Wettkämpfe im Thaiboxen, Kickboxen und – in drei von insgesamt 17 Kämpfen – auch im MMA.

Man habe die Veranstaltung „auf dem Zettel“, heißt es bei der Bremer Polizei: „Es könnte Konflikte zwischen Linken und Rechten geben“, sagt ein Sprecher. „Auch das Klientel aus dem Bereich der Motorradgang-Kriminalität besucht gerne diese Veranstaltungen.“ Der Veranstalter sei aber sehr kooperativ. „Auch darüber, wie Kämpfer dort auftreten sollten, ist gesprochen worden“, erklärt der Polizeisprecher.

Er spielt damit besonders auf einen Kämpfer an: Frank Kortz. Der hat ein Hakenkreuz unter seine Achsel tätowiert, ein weiteres prangt unterhalb seines Bauchnabels. Quer über den Kopf trägt er obendrein das Bild eines „Thorshammer“, den Polizei und Verfassungsschutz ebenfalls in ihren Listen rechtsextremer Symbole führen. Kortz wird am Samstag in Bremen im T-Shirt auftreten.

„Mixed Martial Arts“, kurz MMA, ist ein Sport, der den Kampf im Stehen und am Boden kombiniert.

Erlaubt sind Schläge und Tritte, aber auch Würfe, sowie Würge- und Hebeltechniken.

Techniken aus dem Boxen, Thai-Boxen, Ringen, Judo und Brazilian Jiu-Jitsu kommen zusammen.

Das Regelwerk ist weitaus umfassender als etwa beim Boxen, um ernste Verletzungen zu verhindern. Anders als im Boxen ist der Sieg bei MMA-Kämpfen auch durch Aufgabe des Gegners üblich.

Die Fernsehausstrahlung ist seit 2010 in Deutschland verboten: Die Bayerische Landeszentrale für Neue Medien hielt die „Massivität der gezeigten Gewalt für nicht akzeptabel“ – vor allem das „Einschlagen auf einen am Boden liegenden Gegner“.

„Es geht nur um den Sport“

Es handele sich um „eine reine professionelle Sportveranstaltung, die keinerlei politische Ansichten vertritt“, versichert Vahit Arslan, Veranstalter des Wettbewerbs „Hype FC“. Frank Kortz sei ihm vorher nicht bekannt gewesen. „Ich habe recherchiert und herausgefunden, dass er seit über zwei Jahren aus der rechten Szene raus ist“, so Arslan. „Wir geben ihm die Möglichkeit, sich auf sportliche Weise zu verbessern und nicht rückfällig zu werden.“ Arslan distanziert sich von jeder religiösen oder nationalistischen Position. „Es geht“, sagt er, „nur um den Sport.“

Auf seinem Facebook-Profil allerdings zeigt Kortz wenig Distanz zu seiner Vergangenheit: Auch auf aktuellen Bildern sind die Hakenkreuze zu sehen, etwa in einem Eintrag am 1. April, in dem er über seine Kampfvorbereitung schreibt. Die Listen der Musik, die er mag, zeigen unter anderem Hannes Ostendorf, den Sänger der Rechtsrock-Band „Kategorie C“, und den schwedischen Ableger des Neonazi-Musiknetzwerkes „Blood & Honour“, dessen Ableger in Deutschland im Jahr 2000 verboten wurde.

Er sei „kein Aussteiger“, sagt Kortz selbst zur taz, „sondern nicht mehr aktiv“. Mit Ostendorf und Leuten von Blood & Honour sei er schon lange befreundet. Er trainiere in seinem Gym aber auch mit vielen Sportlern mit Migrationshintergrund. „Ich stehe zu meiner Vergangenheit“, sagt er. Seine Tätowierungen wolle er nicht wegmachen lassen, was aber nichts mit seiner politischen Meinung zu tun habe, sondern mit Erinnerungen. Seine Facebook-Seiten hat Kortz mittlerweile gelöscht.

Kein MMA-spezifisches Problem

Auch das Bremer Kampfsport-Gym „Grapple & Strike“ wollte am kommenden Samstag dabei sein. Das Team versteht sich als antirassistisch, es gibt dort eine Solikasse, damit Flüchtlinge kostenlos trainieren können. Einer ihrer Kickboxer sollte im „Pier 2“ um den Europameisterschafts-Titel kämpfen. Nun hat das Gym den Kampf kurzfristig abgesagt – wegen Kortz’ Teilnahme.

Für Frank Burczynski ist die Sache klar. Er organisiert die Wettkämpfe bei Deutschlands vielleicht größter MMA-Veranstaltungsreihe „We love MMA“ und sagt: „Leute mit Hakenkreuz-Tätowierungen kommen bei mir nicht in den Ring.“ Er recherchiere vorher und lasse sich etwa Fotos in Kampfpose schicken. Und spätestens auf der Waage sehe man den nackten Oberkörper. „Meiner Meinung nach“, wird Burczynski deutlich, „ist es mit das Schlimmste was dem Sport passieren kann, wenn man solchen Leuten eine Plattform gibt.“

Jesse-Björn Buckler, MMA-Kämpfer aus Berlin, der als Linker bekannt ist, hat Erfahrungen mit dem Umgang der MMA-Szene mit rechten Sportlern: „Im Kampfsport gelten Respekt, Teamfähigkeit und Fairness als Grundwerte. Daraus leitet sich eine falsch verstanden Toleranz auch für die dümmsten Leute ab“, so Buckler zur taz. „Wenn man wiederum auf einfachen zivilisatorischen Selbstverständlichkeiten beharrt und darauf besteht, Rassisten und Sexisten keinen Raum zu bieten – dann gilt man schnell als Intolerant“. Das aber sei kein sportspezifisches und schon gar kein MMA-spezifisches Problem, betont Buckler, sondern: „Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.“

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