Reaktionen auf den Anschlag in Boston: Neue Sicherheitskonzepte

Die Veranstalter von Sportgroßereignissen verschärfen ihre Sicherheitsmaßnahmen. In London wird am Wochenende Marathon gelaufen. Die Ermittlungen gehen derweil in zwei Richtungen.

Sportfans und Sicherheitskräfte: Hier wacht eine Antiterroreinheit über die Fans der Los Angeles Dodgers. Bild: ap

BOSTON/BERLIN dpa/ap/rtr | Die Londoner Polizei will nach dem Anschlag auf den Marathon in Boston das Sicherheitskonzept für den an diesem Sonntag stattfindenden London Marathon überprüfen. Man habe bereits mit den Organisatoren gesprochen, hieß es am Dienstag. Der Marathon werde wie geplant stattfinden, versicherte Chef-Organisator Nick Bitel in einem Interview mit dem Sender BBC.

„Wir sind tieftraurig und geschockt von den Nachrichten aus Boston“, erklärte Bitel. Es sei ein „sehr trauriger Tag für die Leichtathletik und unsere Freunde vom Marathonlauf“. Der London Marathon führt quer durch die Londoner Innenstadt an zahlreichen Sehenswürdigkeiten vorbei und zieht jährlich rund eine halbe Million Zuschauer an, 36.000 Läufer wollen an den Start gehen.

Der Präsident des russischen Leichtathletikverbandes, Walentin Balachnitschew, teilte mit, bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften im August in Moskau wolle man zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen treffen. Obwohl die Sicherheitsstandards bereits hoch seien, sollten sie weiter verschärft werden.

Die Veranstalter des Berlin-Marathons wollen nach dem Anschlag auf den Marathon in Boston ihr Konzept überprüfen. „Wir müssen erörtern und die Information bekommen, was jetzt wirklich in Boston passiert ist“, sagte Renndirektor Mark Milde am Dienstag im „ZDF-Morgenmagazin“. Der Anschlag in Boston sei nun im Hinterkopf der Organisatoren. „Da werden wir unsere Konsequenzen draus ziehen in Abstimmung mit den Behörden, mit denen wir auch sonst gut zusammen arbeiten“, sagte Milde.

Beim Berlin-Marathon seien über 600 Rettungskräfte im Einsatz, es gebe im Zielbereich große Medizinzelte. Wenn es zum Schlimmsten komme, sei man vorbereitet. „Allerdings kann man natürlich nicht eine komplette Strecke von 42 Kilometern absichern“, sagte Milde. Zwar gebe es Kontaktpersonen bei Feuerwehr und Polizei. „Da muss man dann sicherlich in einer gewissen Art und Weise improvisieren, weil man natürlich nicht genau weiß, wo etwas passiert.“ Der Berlin-Marathon wird in diesem Jahr am 29. September gestartet.

Olympia-Veranstalter alarmiert

Auch die Olympia-Organisatoren für 2016 haben die Sicherheit als „oberste Priorität“ bei den Spielen in Rio de Janeiro bezeichnet. Die Verantwortlichen der Olympischen Spiele in Brasilien in drei Jahren brachten ihre Trauer und ihr Mitgefühl mit den Opfern des Anschlags zum Ausdruck.

„Sicherheit ist immer eine oberste Priorität für die Olympischen und Paralympischen Spiele. Wir arbeiten sehr eng mit unseren Partnern in der Regierung zusammen, um sichere Spiele 2016 veranstalten zu können“,erklärten die Organisatoren.

US-Polizei und -Geheimdienste ermitteln nach Angaben von Insidern zunächst in zwei Richtungen: Ein Anschlag von regierungsfeindlichen Gruppen aus dem Inland oder radikale Islamisten.

Zeitpunkt spricht für einheimische Extremisten

Der Zeitpunkt würde für einen Angriff von einheimischen Radikalen sprechen, die die Macht des Staates zurückdrängen wollen. Am Montag wurde in Massachusetts der Patriots Day begangen, der an den Unabhängigkeitskrieg erinnert. Der 15. April ist in den USA auch die Frist für die Abgabe der Steuererklärung, ein sensibles Thema für derartige Extremistengruppen. In dieser Woche – am 19. April – nähern sich zudem zwei Jahrestage mit symbolischer Bedeutung: Das gewaltsame Ende der Waco-Belagerung 1993 in Texas und der Anschlag in Oklahoma City 1995, bei dem knapp 170 Menschen ums Leben gekommen sind.

In den USA werden derartige Gruppen als „right-wing extremists“ dem rechten politischen Spektrum zugeschlagen, ohne dass es sich notwendigerweise um Neo-Nazis oder Rechtsradikale nach europäischem Verständnis handeln muss.

Als zweite Theorie wird den Insidern zufolge eine direkte oder indirekte Verbindung zu islamischen Extremisten diskutiert. Hierfür spräche die Vorgehensweise, sagten hochrangige Ermittler. Die Zündung von zwei Sprengsätzen kurz hintereinander bei einem Großereignis sei die Art von Angriff, die vom Islamisten-Magazin Inspire propagiert werde. Die Zeitschrift wird im Internet von der Gruppe Al-Kaida im Jemen verbreitet. Sie enthält englischsprachige Aufrufe an Muslime im Westen, Angriffe selbst mit bescheidenen Mitteln auszuführen. In einer der jüngsten Ausgaben war eine detaillierte Anleitung zum Eigenbau und Einsatz von Sprengsätzen enthalten.

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