Reaktionen auf Giftgas-Angriff in Syrien: Trump-Kehrtwende in Sicht?

Zu Syrien schlägt Trump einen neuen Ton an. Der mutmaßliche Giftgasangriff habe viel verändert. Was das konkret heißt, bleibt völlig offen.

Ein Mann mit hellen Haaren hält eine Rede

Donald Trump am Mittwoch zur Giftgasattacke in Syrien Foto: ap

WASHINGTON dpa/afp/rtr | Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff hat US-Präsident Donald Trump der syrischen Regierung indirekt gedroht. „Für mich sind damit eine ganze Reihe von Linien überschritten worden“, sagte Trump am Mittwoch. Der Angriff auch auf Frauen, Kinder und Babys sei entsetzlich und furchtbar. Dieser „Affront des Assad-Regimes gegen die Menschlichkeit kann nicht toleriert werden.“ Trump äußerte sich aber nicht dazu, wie eine Antwort der USA aussehen könnte. Er deutete militärische Schritte lediglich an und sagte, es sei Teil seiner Politik, solche im Voraus nicht zu verraten, sollte es sie denn geben.

Die Äußerungen des US-Präsidenten waren seine bisher deutlichsten an die Adresse des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Er fügte hinzu, seine Einstellung zu Assad habe sich verändert. Die syrische Regierung werde ein Zeichen erhalten. „Sie werden es auf jeden Fall bekommen, glauben Sie mir das.“ Trump ging jedoch nicht weiter ins Detail. Auch Russland, den wichtigsten Verbündeten der Assad-Regierung, erwähnte der Präsident bei der Pressekonferenz nicht.

Der US-Präsident hat seit Amtsantritt in mehreren Bereichen große und fundamentale Pläne angekündigt, denen bis dato wenig folgte. Er telefonierte am Mittwoch auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das Weiße Haus machte jedoch keine Angaben dazu, ob es in dem Gespräch auch um Syrien ging.

Die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, deutete in New York ebenfalls einen möglichen Alleingang der Vereinigten Staaten als Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgasangriff an. Wenn die Vereinten Nationen durchgehend bei ihrer Aufgabe scheiterten, gemeinsam zu handeln, gebe es Zeiten, in „denen wir zu eigenen Maßnahmen gezwungen sind“.

Außenminister Rex Tillerson richtete erneut deutliche Worte an Moskau. Es sei an der Zeit, dass Russland sehr sorgfältig über die Unterstützung für Assad nachdenke, sagte er. Bei dem vermuteten Giftgasangriff in Chan Scheichun in der Provinz Idlib waren am Dienstag Aktivisten zufolge mindestens 86 Menschen getötet worden. Nach Angaben aus Moskau traf der Angriff syrischer Kampfjets eine Werkstatt, in der die Opposition Giftgasmunition herstellt. Assad-Gegner nannten dies eine Lüge.

Weitere Finanzhilfen auf Syrien-Konferenz beschlossen

Die Lage in Syrien ist sehr kompliziert, die Mittel der USA sind begrenzt. Washington kann kaum militärisch gegen Assad vorgehen, ohne sich damit unmittelbar gegen Moskau und Teheran zu stellen. Auf die Frage nach der Rolle iranischer Milizen, die Assad in Syrien unterstützten, antwortete Trump am Mittwoch mit Äußerungen zum Atomvertrag mit dem Iran. Er werde hier tun, was er tun müsse.

Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, kritisierte die Trump-Regierung scharf. Es sei fatal, dass Washington sich derzeit nicht klar positioniere, sagte der SPD-Politiker der „Huffington Post“. „Es gibt etwa keine Forderungen mehr, ein Syrien ohne Assad zu planen wie noch unter Obama.“

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) habe die Sorge gehabt, dass die Konzentration der neuen US-Regierung auf den Kampf gegen den Terrorismus „dazu führt, dass man sich letztlich mit Assad arrangiert“, sagte er dem ZDF-“heute journal“. Die jüngsten Äußerungen aus Washington könnten allerdings auf eine klarere Distanzierung von Assad hindeuten: Wenn Washington nun kein Arrangement mit Assad anstrebe, „dann können wir das nur begrüßen“, sagte Gabriel.

Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff (FDP), sagte dagegen, er glaube nicht an einen Frieden in Syrien ohne Präsident Assad. „Wenn Syrien befriedet werden soll, dann geht das wegen der russischen Unterstützung für Assad nicht ohne ihn“, sagte der FDP-Politiker der Nordwest-Zeitung.

Am Mittwoch sagte die EU nach dem Ende der Syrien-Konferenz in Brüssel 5,6 Milliarden Euro an humanitärer Hilfe für Syrien in diesem Jahr zu. Für die Zeit von 2018 bis 2020 stünden von der Europäischen Union und einer Reihe weiterer Staaten weitere 3,5 Milliarden Euro bereit. Internationale Finanzinstitutionen und Spender wollten zudem insgesamt rund 28 Milliarden Euro an Darlehen zur Verfügung stellen. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hatte während der Konferenz 1,169 Milliarden Euro an zusätzlicher deutscher Hilfe für 2017 und die Zeit danach zugesagt. Bei der Syrien-Konferenz in London Anfang des vergangenen Jahres habe Deutschland bereits 2,3 Milliarden Euro bis 2019 zugesichert. An dem Gebertreffen nahmen Vertreter von mehr als 70 Staaten und Organisationen teil.

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